Robert Stalla Theater in der Josefstadt 1788-2030 Hirmer Verlag München
Herausgegeben von Günter Rhomberg Theater in der Josefstadt Privatstiftung
Theater in der Josefstadt 1788 -2030 - eine umfassende Dokumentation als lesenswerte Lebens-, Gesellschafts - und Architekturgeschichte auch für Opernfreunde
Der in Bayern geborene und an der Technischen Universität lehrende Kunsthistoriker Prof. Dr. Robert Stalla hat in mühevollster detailgenauer Recherche umfassendes Material gefunden und gesichtet. Daraus hat er die Geschichte des beliebten und wohl „wienerischten“ Theater in der Josefstadt in einer beeindruckenden Vielseitigkeit und sprachlichen Eleganz über 250 Jahre hinweg geschmiedet. Das in zwei Bänden im Hirmer Verlag in München erschienene Werk beschreibt in einem leicht lesbaren und dadurch umso packenderen Schreibstil die wechselhafte Lebensgeschichte einer der ältesten Kulturinstitutionen Österreichs wie einen Roman des Theaters. Umfangreiches Bildmaterial und kulturhistorisch aufgearbeitete Ausflüge zu anderen Theaterprojekten in Österreich und Europa geben Aufschluss über das Kultur- und Gesellschaftsleben, aber auch über politische und soziale Veränderungen über den Betrachtungszeitraum hinweg. Besondere Beachtung findet die architekturgeschichtliche Aufarbeitung und vermittelt viel Wissenswertes über Entstehung, Technik, Ausstattung sowie Organisation und Wirkungsgrad dieser bedeutenden und prägenden Kulturstätten.
1788 wird das älteste durchgängig bespielte Theater Österreichs vom Schauspieler Karl Meyer als Hinterhoftheater der vom Schwiegervater betriebenen Gastwirtschaft gegründet. Architekturgeschichtlich bedeutend errichtet er mit seinem Architekten Josef Allio eines der ersten freistehenden Bürgertheater und reiht es in die Liste der sogenannten Vorstadt Theater ein, die durch die in 1776 erlassene Spektakelfreiheit zahlreich entstanden. Das populäre Theater trägt den Namen der Vorstadt, die nach Joseph I. benannt wurde.
Der Theaterbetrieb ist geprägt von einer wechselhaften Geschichte. Neue Eigentümer und Finanziers bestimmen die Geschicke. Immer wieder werden Neubauprojekte geschmiedet und Umbauten durchgeführt. 1822 entsteht ein Neubau unter Josef Kornhäusels Aufsicht. Ludwig van Beethoven komponiert und dirigiert „Die Weihe des Hauses“ zur Eröffnung. Oper, Operette, Ballett sowie Schauspiel und Volkstheater bestimmen den Spielplan und die unterschiedliche wirtschaftliche Gebahrung. Viele weitere bedeutende Namen fallen im Zusammenhang mit der weiteren Historie, wie Wolfgang Amadeus Mozart, Christoph Willibald Gluck, Giacomo Meyerbeer oder Ferdinand Raimund. Über 50 Theaterdirektoren leiten die Geschicke des Hauses bis in die Neuzeit, das vielen Krisen trotzt und glanzvolle Jahre erlebt.
1899 wird Josef Jarno Direktor am Theater in der Josefstadt. Der Schauspieler und Regisseur ist geschäftstüchtig und verwandelt das Vorstadttheater in ein modernes Theater mit hoher Strahlkraft in der Theaterstadt Wien. Er schafft die Neuprofilierung zur Kulturinstitution mit der Aufführung zeitgenössischer Werke. Das Gebäude erlangt durch zahlreiche Renovierungen und Umbauten ein neues Ambiente.
Schon unter seinem Nachfolger, dem bedeutenden Theatermanager Max Reinhardt erlebt das Haus seine umfangreiche glanzvolle Neugestaltung, die das heutige Erscheinungsbild prägt. Das Gebäude wird mit schier unendlichen Finanzmitteln nach dem Vorbild des Teatro La Fenice in Venedig luxuriös durch den Architekten Carl Witzmann umgestaltet. Aufschlussreich ist hier die Gegenüberstellung und konzeptionelle architektonische Aufarbeitung der beiden Häuser, die in ihren Ursprüngen nahezu gleichzeitig entstanden. Zahlreiche Dokumente wertet Robert Stalla aus dieser Zeit aus und verwandelt dieses Kapitel in eine spannende Theatergeschichte mit zahlreichen klingenden Namen, die in dieser Zeitperiode das Theater bis 1935 prägen, u.a. Richard Strauss, Hugo von Hofmansthal, Helene Thiemig, der Ehefrau von Max Reinhardt. Die Theaterwelt ist beeindruckt, ob des Glanzes aber auch der künstlerischen Qualität.
Auch das Schicksal des Theaters sowie anderer Kulturinstitutionen während des dritten Reiches wird aufgearbeitet. Zahlreiche neue Dokumente werden ausgewertet, die ein differenziertes Bild zur Stellung des Hauses liefern.
Weitgehend unbeschadet übersteht das Theater den zweiten Weltkrieg und nimmt bereits 1945 unter der Leitung von Rudolf Steinboeck wieder den Spielbetrieb auf. Große Namen, heutige Theaterlegenden wie Paula Wesely, Attila Hörbiger und auch wieder Helene Thiemig, die aus dem Exil zurückkehrte prägen diese Epoche wie auch ein erfolgloser aber zeitgemäß moderner Ausflug in das Filmgeschäft. Durchgängig prekär bleibt die finanzielle Situation des Privattheater, der drohende Konkurs unter der Direktion von Helmuth Lohner wird durch die Überführung in eine Privatstiftung von Bund, Land Wien und dem Förderverein erfolgreich abgewendet. Auf sicheren finanziellen Säulen erobert sich das Theater wieder unter der umsichtigen und engagierten Führung von Herbert Föttinger eine Führungsposition unter den deutschsprachigen Bühnen und durch eine grundlegende Sanierung einen technisch modernen Theaterbetrieb.
In über 1000 Seiten reist die Geschichte des Theaters und der Wiener Kulturlandschaft am Leser mit zahlreichen Photographien, Plänen und historischen Dokumenten vorbei. Das kaiserliche Wien wird in Zeitzeugenberichten lebendig. Kriege, Revolution, Diktatur, Wiederaufbau und Nachkriegszeit werden aus einem bisher unbekannten Blickwinkel betrachtet, fachmännisch kommentiert und verarbeitet.
Für Kulturinteressierte und Theaterbegeisterte sind die mehr als 1000 Seiten eine informative, lesenswerte wie unterhaltsame Lektüre. Im Anbetracht der bevorstehenden Weihnacht ein empfehlenswertes Geschenk.
Robert Stalla Theater in der Josefstadt 1788-2030 Hirmer Verlag München
Herausgegeben von Günter Rhomberg Theater in der Josefstadt Privatstiftung
Die Ausgabe ist auch in einer Sonderedition im dekorativen Schuber direkt durch das Theater in der Josefstadt zu selben Konditionen zu erhalten
Weitere Informationen finden Sie hier.
Dr. Helmut Pitsch
Photo Theater in der Josefstadt
30. November 2021 | Drucken
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