© ABAO Bilbao
Elegant und großzügig hausen Rudolfo und Marcello unterm Dach mit Blick auf Paris. Im feinen Zwirn treffen sich die beiden mit ihren Künstlerfreunden. Das karge Künstlerleben in Kälte und Armut kommt hier für den Betrachter nicht auf. Die Inszenierung ist eine Produktion des Teatro Massimo in Palermo, welche vom ABAO, der Gesellschaft der Freunde der Oper Bilbao eingekauft wurde. Diese Organisation führt und finanziert zu einem Grossteil den Opernbetrieb der größten baskischen Stadt. Das baskische Symphonieorchester ist das Hausorchester, ein eigenes Ensemble existiert nicht. Acht bis zehn Aufführungszyklen werden in der Saison von Oktober bis Juni gegeben. Gespielt wird im Palacio Euskaldina, ein modernes Mehrzweckgelände mit Kongresszentrum und Konzertsaal, das vor kurzem eröffnet wurde. Architektonisch ist es gestalterisch einem Schiffsrumpf nachgebildet, zur Erinnerung an die Werft, die ursprünglich auf diesem Gelände existierte. Es ist ein weiterer Baustein im gelungenen Transformationsprozess der ehemaligen Industriestadt zur modernen Kulturmetropole.
Der Regisseur Mario Pontiggia ist geborener Argentinier, aber bewegt sich seit Jahren im südeuropäischen Opernbetrieb. Zur Zeit leitet er das Alfredo Kraus Kulturzentrum auf den Kanaren, aber zeichnet sich für eine Vielzahl von Opernproduktionen in Italien und Spanien aus. Francesco Zito gestaltete die Bühne und Kostüme dieser im Ambiente des ausgehenden 19. Jahrhunderts spielenden Inszenierung. Pariser Flair und realistischer Strassenzauber kommt im zweiten Akt beim Besuch des Cafe Momus auf. Schneefall, kahle Bäume und eine Litfasssäule schmücken die Hofszene im dritten Akt bevor der Frühling frisch und farbenreich in das Heim der beiden Künstler einkehrt, diesmal mit Blick in den blühenden heimischen Garten. Die luxuriöse Ausstattung nimmt der Geschichte etwas von der Tragik und lässt einfühlsame Regie vermissen. Ebenso die fehlende Personenregie, wobei dies auch an der Übernahme in der Coproduktion liegen kann. Stimmlich wurde ein zumeist junges Sängerensemble mit unterschiedlichem internationalen Bekanntheitsgrad eingeladen. Ainhoa Arteta ist in Bilbao sehr beliebt, aber das Zittern und Übersteuern ihres Sopran lässt ihre Mimi wenig überzeugend ausschauen. Ihre zu lauten Spitzentöne nehmen den gefühlvollen Tenorpassagen von Teodor Ilincai jegliche Wirkung. Etwas zurückhaltend gestartet entwickelt er breite schmelzende Tonbögen und sein Tenor wird höhensicherer und öffnet sich immer mehr. Artur Rucinski ist ein sicherer Marcello, der mit seinem Bariton keine Probleme in der Partie erkennen lässt. Jessica Nuccio ist keine aufmüpfige selbstbewusste Musette aber steckt sängerisch gut in der Partie. Viel Gefühl strömt aus Collines Mantelarie, gesungen vom jungen polnischen Bass Krzysztof Baczyk.
Am Pult des baskischen Symphonieorchester gestaltet Pedro Halffter eine nüchterne, im Tempo frische Klangkulisse. Vollmundige harmonische Steigerungen, die immer wieder von Giacomo Puccini eingesetzte Stilmittel sind, deckelt er, um auch den Sängern Freiräume zu geben. Im Gesamteindruck passt es zusammen. Aber diese Mimi stirbt nicht wirklich. Im nahezu vollbesetzten Opernhaus kommt kurzer Jubel für die Protagonisten auf.
Helmut PitschABAO Bilbao05. November 2018
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