Giovanni Bononcini L‘Astarto Innsbrucker Festwochen der Alten Musik 27.8.2022
Astarto - Barocke Rarität schwungvoll in Innsbruck zum Leben erweckt
Er war ein gefeierter Komponist seiner Zeit,1670 in Modena geboren, erlebte er Erfolge in Rom, Wien und London. Seine zahlreichen Opern waren Hits. 1747 verstarb Giovanni Bonobcini in Wien und sein umfangreiches Werk geriet in Vergessenheit. Die Innsbrucker Festwochen der Alten Musik sind bemüht schlummernde Schätze der Barockmusik zu neuen Leben zu erwecken.
Bononcinis Oper Astarto entstand 1720 in London, enthält aber zahlreiche Einfüsse und Ideen früher Werke, insbesondere aus dessen Wiener Zeit. Eine erste Version entstand bereits 1715 in Rom. Typisch ist die Handlung mit Intrigen um das zentrale Liebespaar. Elisa, Königin von Tyros, und Astarto, der verloren geglaubte Sohn des Verstorbenen Königs Abdastarto und vermeintliche Rivale Elisas um den Thron. Astarto lebt unerkannt in der Person Clearco, dem Geliebten Elisas. Aber durch Intrigen angeheizt, erfährt er seine wahre Identität und es kommt zum glücklichen Ende für die Liebenden.
Die Musik spiegelt barocke Leichtigkeit wieder. Die einzelnen Szenen sind von kurzen Rezitativen und Arien oder Balladen geprägt. Die Handlung fliesst mit gängigen einfachen wenig einprägsamen Melodien, die im fortschreitenden Abend monoton wirken. Ideenreich und schwungvoll ist die Inszenierung von Silvia Paoli. Geschickt würzt sie die flache Handlung optisch und mit lebendiger Personenregie. Das Bühnenbild von Eleonora De Leo ist klar und einfach strukturiert und lässt raschen Umbau zu. Sie umschließt den Bühnenraum mit Ziegelwänden. Aus den Seitenwänden fahren einzelne Wohnräume heraus, die im Stil der 60iger tapeziert und möbliert sind. Wandteile werden hochgezogen und stimmungsvoll in warmen Farben ausgeleuchtet. Insgesamt trägt die unaufdringliche Lichtregie von Fiammetta Baldiseri zum Erfolg des Abends maßgeblich bei.
So auch die originellen Kostüme von Alessio Rosati, die die Handlung erst richtig ins Jahr 2972 beamen. Wie Michelinmännchen werden die Protagonisten zum Teil in muskelbepackte Bodysuits gesteckt. Zwei stumme Kraftkerle mit beschränkter Intelligenz hat die Regisseurin sehr zur Belustigung des Publikums hinzugefügt. Insgesamt ist die Italienerin bemüht der epischen Breite der Hsndlung entschärfende Blödeleien angedeihen zu lassen. Dabei nähert sie sich dem Klamauk, entlehnt der Schwulenbewegung tuntenhafte Praktiken in schrillen Farben, ohne billig zu werden.Verstärkt wird dies durch die ausnahmslos weiblichen Sängern bis auf die Rolle des Fenicio, der im roten Kunstfellmantel mit pinken Stiefeln auch zu Cage aux folles passt. Es ist amüsant und ansprechend dem Geschehen auf der Bühne zu folgen. Mit Witz und Ironie gelingt es Längen auszuschalten.
Erst 2018 wurde das Enea Barock Orchestra in Rom gegründet. Das auf Originalinstrumente wirkende Ensemble widmet sich der Entdeckungsreise des Werkes mit Akribie und Transparenz unter der Führung von Stefano Montanari. Dieser übernoimmt es auch mit seiner Geige verschiedene Passagen ergänzend auszukleiden und insbesondere Spannung aufzubauen. Schlank sind die Tempi gewählt, unprätentiös ist die Lautmalerei im Orchester. Der Klang wirkt modern ansprechend.
Die jungen Sänger und zumeist Sängerinnen liefern eine sehr gelungene Ensembleleistung. Die Mezzosopranistin Dara Savinova ist die selbstbewusste Königin Elisa, die ihren Thron durch die Ehe mit dem tapferen Helden Clearco sichern will. Klar in der Diktion und Stimmführung beeindruckt sie auch mit ihrem Spiel. Francesca Ascioti gelingt es die Hosenrolle des Clearco mit bester Gesangstechnik, dunkler Stimmfärbung und ungekünsteltem Spiel voll auszufüllen. Berührend kommen ihre Unschulds- und Liebesbekundungen. Sie phrasiert gekonnt, führt leicht und sicher die Melodiebögen und Koloraturen. Theodora Raftis überzeugt und unterhält als kokette lockere Sidonia im Barbielook mit weisser Perücke. Stimmlich wirkt sie unsicher in den hohen Koloraturen, schmeichelhaft ist ihre Mittellage. Viel Pathos zeigt Paola Valentina Molinari als von Sedonia düpierter Nino. Die Mailänderin hebt sich in ihrer Stimmfärbung für die Hosenrolle zu wenig von ihren weiblichen Kolleginnen ab. Ana Maria Labin ist ein imposanter Agenore, der zwar auf den Thron spekuliert aber tolpatschig agiert. Luigi De Donato gelingt es der ironisch parodierten Rolle des Fenicio Ausdruck und Männlichkeit zu verleihen. Sein kräftiger Bass verleiht Würde. In der Melodieführung wIrd die Intonation mitunter schwammig.
Am Ende grosse Begeisterung beim Publikum für diese unterhaltsame,stimmige Aufführung. Leider blieben einige Plätze leer.
Dr. Helmut Pitsch
29. August 2022 | Drucken
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