Es ist die grösste wirtschaftliche Herausforderung der Metropolitan Opera in ihrer Geschichte und es geht darum, die Zukunft dieser renommierten Institution zu sichern erläutert der langjährige Intendant Peter Gelb in seiner Einführung zu einer vierstündigen Operngala der aussergewöhnlichen Art in aussergewöhnlichen Zeiten. Die Corona Krise trifft die kulturellen Institutionen hart, besonders hart in Ländern ohne den staatlichen Subventionsbetrieb europäischer Prägung. Die international gefeierten Opernsänger befinden sich auf ungewollten Zwangsurlaub zu Hause und unterstützen tatkräftig die Bemühungen dieser Institutionen, das Überleben der Bühnen und damit auch der Oper zu sichern.
Dank der modernen technischen Möglichkeiten und des Internets stellte die Met, wie die New Yorker Oper weltweit liebevoll abgekürzt wird, eine abendfüllende Spendengala der Luxusklasse zusammen. Über Skype kam es zu einem Stell Dich ein zahlreicher Opernstars, denen ein Besuch zu Hause virtuell gemacht wurde. Ungemein sympathisch, herzlich freundschaftlich reiste der Zuschauer so um die Welt und kehrte so bei seinen geliebten und in Zeiten der kulturellen Stille vermissten Idolen ein.
Moderiert wird der Abend von Peter Gelb aus seiner New Yorker Wohnung, unterstützt vom Kanadier Yannick Nezet Seguin aus seiner Wohnung in Montreal aus, dem künstlerischen Leiter des Opernhauses. Sehr gelungen ist die technische Umsetzung mit den einfachsten Mitteln, zumeist per Skype. Einige Sängern begleiten sich selbst ausdrucksvoll und gekonnt am Klavier, wie unter anderem Günther Groissböck (zu "Wie schön ist doch die Musik" aus der schweigsamen Frau von Richard Strauss) oder Erin Morley, die fröhlich unbekümmert die Arie Chacun le sait aus der Regimentstochter von Gaetano Donizetti in ihren Heim in New Heaven, Connecticut trällert. Besonders erfrischend und fröhlich sind auch die Auftritte von Künstlerehepaaren. Allen voran Aleksandra Kurzak und Roberto Alagna in ihrem Haus in Frankreich. Mit einem längeren Ausschnitt aus dem Liebestrank von Gaetano Donizetti erfreuen sie mit viel spielerischem Talent und lebendiger Gestik. Ebenso aus ihrem Heim in Frankreich Diana Damrau und Nicolas Teste mit einem gefühlvollen Ausschnitt aus Wolfgang Amadeus Mozarts Don Giovanni - la ci darem la mano. Einfühlsam ist die Interpretation des Liedes "If I can help somebody" von Bryn Terfel, begleitet auf der Harfe von seiner Ehefrau Hannah Stone aus Wales.
Besonders eindrucks- und wirkungsvoll gestaltet sind die vorher aufgenommenen Einspielungen des Metropolitan Orchesters und Chores. Schon mehrfach kursierten in den sozialen Medien Chor und Orchesteraufnahmen angesichts der Corona Krise, so werden auch hier die Orchestermusiker/innen und Chorsänger/innen in einer visuell gestalteten Aufnahme mit vielen kleinen Portraits zu Hause zusammengeführt. Pietro Mascagni populäres Intermezzo aus der Cavalleria Rusticana sowie der Gefangenenchor Va pensiero aus Giuseppe Verdis Oper Nabucco berühren. Yannick Nezet Seguin dirigiert Chor und Orchester von zu Hause aus. Anschliessend erinnern er und der Konzertmeister an den Coronatod des Orchestermitglieds Vincent Leonti. Dessen Kollegen auf der Viola begleiten den Met Star Joyce DiDonato in einer Arie von Georg Friedrich Händel.
Connecting singers with audience - die Sänger mit dem Publikum, the voice must be heard - die Stimme muß gehört werden und Support the met - unterstütze die Met sind die Leitsprüche, die immer wieder die Beiträge verbinden. Mitgewirkt haben über 40 Sänger und Sängerinnen und im Programm fanden sich zahlreiche berühmte und beliebte Arien. Ein Who is Who der Opernwelt traf sich in der Cyberwelt in einer Hitparade, ein wichtiges kräftiges Zeichen der lebendigen Kunst und Kultur. Mehrere Hundertausende verfolgten das hoffentlich werbe- und insbesondere spendenwirksame Spektakel, um alle Ziele zu erreichen.
Dabei waren u.a. Jonas Kaufmann/München (Jacques Halevy La Juive - Rachel quand du seigneur), Ambrogio Maestri begleitet von seinem Nachbarn in Lugano Marco Armiliato (Umberto Giordani Andre Chenier - Nemico della patria), Peter Mattei/ Schweden begleitet von einem Akkordeon (Wolfgang Amadeus Mozart Don Giovanni), Anita Rachvelishvili/Tiflis (Camille Saint Saens Samson und Dalila Mon Coeur), Renée Fleming /Virginia (Giuseppe Verdi Otello Ave Maria), Michael Volle /Berlin (Richard Wagner Tannhäuser Abendstern), Rene Pape / Dresden (Wolfgang Amadeus Mozart Die Zauberflöte Heilige Hallen), Elina Garanca / Riga (Georges Bizet Carmen) und Yusif Eyvazov (Giacomo Puccini La Boheme).
Ein Fest der Freude für Aug und Ohr haben hier die Techniker, Musiker und Helfer der Metropolitan Opera in diesen harten Zeiten gekennzeichnet von Verboten und Einschränken geradezu gezaubert und für ein paar Stunden die kulturlose Tristesse vergessen lassen. Sicherlich haben viele Zuschauer und Zuhörer an ihren Computern, iPhones, Laptop oder Fernsehern kräftig applaudiert und ihrer Begeisterung im stillen Kämmerlein Ausdruck gegeben, bei den Künstlern ist er leider nicht angekommen. Wir freuen uns auf ein hoffentlich baldiges Wiedersehen live und auf den grossen Bühnen dieser Welt, um dies nachholen zu können.
26. April 2020 | Drucken
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