Bauer sucht Frau - Arabella kehrt nach München zurück

Xl_img_1417 © Winfried Hösl

Es ist das letzte Werk der gemeinsamen Arbeit von Richard Strauss und Hugo von Hoffmansthal. Der Komponist, der die Entwicklung der Oper in die Moderne führte, er der Schriftsteller, der mit seinen Texten meisterhaft Stimmungen und Gefühle in Worte kleidet. 1933 wurde die Oper, eine Milieustudie über eine verarmte österreichische Adelsfamilie, die nur durch eine gezieme Hochzeit ihrer Tochter vor dem gesellschaftlichen Ruin gerettet werden kann in Dresden uraufgeführt. Der bayerische Komponist widmete das Werk seinem Dirigentenkollegen und Generalmusikdirektor Fritz Busch, der aber die Uraufführung nicht mehr leiten konnte, da er bereits das Land vor den Nationalsozialisten verlassen musste. In seiner Geburtsstadt München wird derzeit Arabella als Wiederaufnahme der Inszenierung von 2015 von Andreas Dresen unter der musikalischen Leitung von Constantin Trinks gegeben. Der junge Deutsche hat sich in den letzten Jahren als freischaffender Dirigent vor allem in den Opernhäusern einen festen Arbeitsplatz als Spezialist für das deutsche Fach erarbeitet. Forsch packt er das bayerische Staatsorchester von Beginn an. Klar zeichnet er Einsätze und Tempi. Schnörkselfrei führt er die Instrumentengruppen und fordert zu einem spannungsgeladenen Spiel, bei dem er viele Feinheiten der Partitur herausarbeitet. Mitunter legt er dabei ein breites Klangvolumen über die Sänger auf der Bühne. Ebenso bereitet er ihnen aber einen transparenten harmonischen Boden für die durchwegs sehr anspruchsvollen Partien. Anja Harteros hat bereits in der Premiere mit ihrer feinen glaubhaften adeligen Arabella überzeugt, auch wenn ihr ein Hauch wienerisch fehlt. Technisch ausgereift erklimmt sie bis in die Spitze sicher jeden Ton. Hell und klar führt sie ihre Stimme scheinbar mühelos. Jugendlich und ehrlich spielt sie die wohlerzogene und folgsame Tochter, jederzeit die Etikette bewahrend. Michael Volle setzt eine deftigen, zum Teil übertrieben bäuerlichen Mandryka dagegen. Stimmlich ist er sehr gut auf die Rolle vorbereitet. Männlich vollmundig gestaltet er seinen Gesang, punktet mit einer breiten Tiefe als auch mit sicherer Höhe. Gestenreich bewegt er sich auf der Bühne und hebt sich so von der aristrokatischen Gesellschaft der Kaiserstadt markant als Fremdkörper ab. Wiener Charme besitzt Kurt Rydl und lässt den Dialekt einfliessen. Graf Waldner ist schon seit vielen Jahren eine seiner Paraderollen, die er immer noch stimmlich einwandfrei meistert. Ebenso Doris Soffel, die auf ältere Charakterrollen mit ihrer dunklen, herben Stimme etabliert ist. Hanna-Elisabeth Müller setzt ihren glockengleichen hell timbrierten Sopran aussagekräftig neben Anja Harteros als deren Schwester Zdenka. Aufgrund der finanziell angespannten Lage wird sie von ihren Eltern in Hosen gesteckt und zum Buben, in ihrer Liebe zu Matteo bricht die Weiblichkeit durch, nuanciert von der Sängerin gezeichnet. Daniel Behne hat einen schönen lyrischen Tenor, der in seinem Matteo aber nicht richtig zum Einsatz kommt. Die Inszenierung von Andreas Dresen mit Bühnenbild von Mathias Fischer Dieskau lässt die Geschichte in einem sterilen modern anmutenden Ambiente spielen. Dümmlich wird der Wiener Ball zu einer Orgie im Treppenhaus umfunktioniert. Die Fiakermilli Sofia Fumina in zu engem Outfit wie eine Stück Wurst gepresst, wirkt nahezu peinlich. Auch ihre gesangliche Interpretation geht an der Zeichnung der Rolle vorbei. Die Drehbühne gibt einen Blick auf das Spiel in den versteckten Winkel frei bevor sie im Schlussbild in zwei breite sich kreuzende Treppen endet. Grazil anmutig schreitet diese Arabella noch im Abendkleid mit dem symbolischen Wasserglas in der Hand herunter. Doch anstatt es als Zeichen der Verlobung zu überreichen bekommt Herr Mandryka - Michael Volle es ins Gesicht geschüttet. Ein entladender Effekt am Ende. Das Publikum feiert die ausgezeichnete Besetzung und die musikalische Darbietung von Orchester und Dirigenten.

Helmut Pitsch

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