Einzigartig ist die Schöpfung Il Trittico des italienischen Komponisten Giacomo Puccini. Drei unterschiedliche einaktige Opern hat er für einen gemeinsamen Abend geschaffen. Tod ist das thematische Bindeglied und natürlich die ausdrucksstarke Musik des Meisters des Verismo. Über drei Jahre zieht sich die Schaffenszeit, der Erfolg des Werkes blieb hinter den anderen Opern Puccinis zurück. Erstmals wird dieses Werk überhaupt in italienischer Sprache in Deutschland jetzt an der bayerischen Staatsoper gezeigt. Die Holländerin Lotte de Beer hat die Regie übernommen. In einem einheitlichen Bühnenbild - geschaffen von Bernhard Hammer - will sie die drei Stücke nah aneinanderrücken, ohne Pause zwischen den ersten beiden Opern Il Tabarro und Suor Angelica. Wie ein grosser Trichter, der alles erfasst und in einen langen Gang nach hinten, wie in das Jenseits, zieht, wirkt der zweiteilige Bühnenaufbau. Das hintere Element darf sich dann effektvoll einmal um 360 grad drehen, wobei jeweils eine Person festgekettet effektvoll gemartert wird. Es ist dies der getötete Liebhaber Luigi in Tabarro, der schmerzvoll vermisste Sohn Suor Angelicas und der verblichene Buoso Donati in Gianni Schicchi. Sonst sparsam mit Effekten, konzentriert sie sich auf eine einfühlsame Personenregie, die zwischenmenschliche Gefühle und innere Kämpfe scharf zeichnet. So gesehen und geschehen bei Michele und Giorgetta, die nach dem Tod ihres Kindes nicht mehr zueinander finden, meisterlich umgesetzt wird es zwischen Suor Angelica und ihrer Tante oder unter den raffgierigen Verwandten in Gianni Schicchi. Ein internationales handverlesenes Sängerensemble setzt mit viel Spielfreude und reinem Gesang die Gedanken der Regisseurin um. Wolfgang Koch und Eva Maria Westbroek fristen ihr bescheidenes tristes Dasein und gemartertes Zusammenleben überzeugend, der Ehebruch wird zur tragischen Düse aller Konflikte und Yonghoon Lee zum Opfer. Dumpf und müde setzt Wolfgang Koch sein Timbre an, schmerzvoll seine Erkenntnis des Ehebruchs, zwischen Freude und Resignation springt Eva Maria Westbroek in ihrer Gefühlswelt, sehr dramatisch und lautstark mit ihrem scharfen Mezzo, der den trockenen, wenig mit sattem Klang unterlegten Tenor des Koreaners übertüncht, auch wenn dieser mit viel Druck Volumen erzeugen möchte. Emotional sehr geladen wirkt die alles dominierende Schlusszene von Suor Angelica, nach einem hitzigen Duell mit ihrer Tante - überzeugend Michaele Schuster -verfällt die gemarterte Schwester und Mutter in die Depression und Todessehnsucht. Ermonela Jaho gelingt ein zurecht gefeiertes Seelendrama. Ihr im Ansatz und Intonation zitternder Sopran passt dazu, wie ihr offener hemmungslos gezeigter Schmerz. Erleichternde Komik und unterhaltsamen Klamauk ohne überzogen zu sein am Ende. Ambrogio Maestri zeigt sich in guter Form und schmettert kraftvolle Töne ebenso wie das hohe Gepiepse des imitierten toten Erblasser Buoso Donati. Pavol Breslik gestaltet jugendhaft mit seinem silbrig feinen Tenor Rinuccio, der seine geliebte Lauretta, gesungen von Rosa Feola listig erobert. Ihre berühmte Arie präsentiert sie mit leicht süffisantem Unterton lyrisch humorvoll. Lyrisch humorvoll aber genauso gewaltig dramatisch oder emotional geladen gelingt die musikalische Ausgestaltung im Orchestergraben. Kunstvoll malt Kirill Petrenko die vielschichtige komplexe Gefühlswelt im Orchester farbenfroh aus. Präzise setzt er den Pinsel auf der Palette an und mischt die Instrumente akzentuiert, packt sensibel dramatisch Steigerung an, die in einem harmonischen Ausguss enden. Spannend packend und betörend die Wirkung auf die Zuhörer, die den Generalmusikdirektor am Ende frenetisch feiern.
Helmut Pitsch
24. Dezember 2017 | Drucken
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