Bayreuth Walküre - Konsequente Fortsetzung des Familienkrimi mit musikalischer Stärke 

Xl_wal_170723_621_enriconawrath_press__002_ © Enrico Nawrath

Richard Wagner Die Walküre Bayreuther Festspiele 22.8.2023

Bayreuth Walküre - Konsequente Fortsetzung des Familienkrimi mit musikalischer Stärke 

Hundings Hütte ist eine Mischung aus modern ordentlich aufgeräumt und von der Weltesche überwucherter Raum. Siegmund erscheint casual mit roten Regenmantel, Sieglinde im unvorteilhaften engen blauen Strechkleid bereits hochschwanger. Wie sich noch später herausstellt von Wotan, der somit Vater von Siegfried wird, der im dritten Aufzug schon geboren ist. Das erlösende Schwert wird nicht aus dem Stamm gezogen, sondern aus der bereits aus den Rheingold bekannten Plastik Walhall als Revolver herausgenommen. In der Erkenntnis der familiären Bande finden wir beide nach dem Einzug des Lenz zu Hause in der holzgetäfelten Kinderstube bei Wotan.

Valentin Schwarz folgt seinem Regiekonzept und verwebt die Handlungsstränge des Wagnerschen Mammutwerkes eng aneinander. Handlungsorte und Personen werden räumlich zusammen gezogen. So sehen wir wiederum die Walküren zur Familenfeier in Walhall bei Wotan und Fricka, die die aufgebahrte Freia beweinen. Brünnhilde erscheint als aufgedonnerte Göre. Krane begleitet sie als junger Diener im Anzug und Mähne mit Zopf. Die Wälsen erscheinen ebenso auf ihrer Flucht durch einen Höhlengang in Walhall. Zur Todesverkündigung bringt die Rache sinnende Fricka Brünnhilde das schlichte Kostüm. Wotan und Fricka lauschen bewegungslos dem elegischen Dialog. Im Duell hält Krane den streitbaren Hunding, Wotan erschiesst seinen geliebten Sohn und verfällt in tiefe Gram. Hunding tritt ab und darf am Leben bleiben.

Munter bunt wird das Treffen der Walküren zu Beginn des dritten Aktes. Flotte junggebliebene Blondinen in bunt grellen Kleidern mit eingefatschten Gesichtern sammeln sich im modernem Schönheitssalon, ehemals Alberichs Kinderhort. Sie probieren Schuhe und blödeln herum. Brünnhilde bringt Siegfried eingewickelt als Bündel im Arm und Sieglinde mit. Das Baby wird ihr mit dem Revolver als Sinnbild für Notung übergeben. Kein Feuerzauber, sondern hinter einer grauen Betonwand verschwindet Brünnhilde, die in Walhall in den Schlaf geküsst wird.

Fricka erscheint mit einem Teewagen und feiert ihren Sieg mit einer Flasche Rotwein, die sie sich genussvoll öffnen lösst. Wotan übergibt sie dessen schwarzen Schlapphut, der sich bereits für den folgenden Abend als Wanderer in Siegfried aufmacht.

Es ist wieder viel zu sehen und zu erleben an diesem Opernabend und mehr und mehr findet sich der Betrachter in der Regie von Valentin Schwarz zurecht. Hier wird kein sagenhafter Mythos nacherzählt oder auf eine postapokalyptische Zukunft hingearbeitet. Wir erleben ein dichtes faktgetriebenes Gegenwartsdrama voller Intrigen. Die Personen sind changierend gezeichnet, es gibt keine klaren Bösewichte oder Gutmenschen. Der Kampf um Macht, der an die Generationen missbräuchlich weitergegeben wird ist logisch nachvollziehbar.

Musikalisch wird der Abend zum höchsten Genuss. Wiederum umhüllt ein fein gewobener Orchesterklang mit zarten durchdringenden Piani als auch unaufdringlichen Forte die Zuhörer. Pietari Inkinen gelingt eine neuartige sehr stimmige romantische Erzählweise. Diesmal nutzt er auch vorgetragene Leitmotive in den Vordergrund zu stellen und episch die Handlung zu unterstützen. Ebenso gelingt ihm dies bei den Sängern.

Klaus Florian Vogt zeigt sich in bester Form und schmeichelt mit seiner gewohnt glockengleichen Tenorstimme. Dazu zeigt er sich als liebevoller umsichtiger Bruder. Elisabeth Teige hat großes Stimmpotential mit sauberer sicherer Höhe, bleibt aber unverständlich.  Georg Zeppenfeld ist ein wohlgestylter prinzipientreuer Ehemann mit sicherer klarer Intonation. 

Den Wotan gestaltet Tomasz Konieczny wieder mit stimmlicher Sicherheit fassettenreich und darstellungsstark. Christa Mayer singt wiederum Fricka mit viel Dramatik und schleichendem Tremolo. Brünnhilde ist bei Catherine Foster gut aufgehoben. Ohne zu übersteuern schmettert sie ihre halsbrechersichen Rufe und bleibt in der großen Szene mit ihrem Vater Wotan sehr cantabel.

Viel und langer Applaus, das Festspielhaus hallt im Gestampfe der begeisterten Zuschauer. Der neue Ring zieht immer mehr ein und bestätigt die Entscheidung der Festspielleitung in ihrem Bemühen die Festspiele zu erneuern. Es zeigt sich auch im Publikum die erreichte Veränderung und der Zuspruch neuer Besucherkreise.

Dr. Helmut Pitsch

 

 

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