Benjamin Bernheim brilliert und Puccinis Klangwelt stemmt sich gegen eine uninspirierte Dirigentin

Xl_la_boh_me_5_bernheim_willis-sorensen__002_ © Michael Poehn/Wiener Staatsoper

Giacomo Puccini La Boheme Staatsoper Wien 22.1.2023

Benjamin Bernheim brilliert und Puccinis Klangwelt stemmt sich gegen eine uninspirierte Dirigentin

Ganz schön abgewohnt die Mansarde. Seit 60 Jahren steht diese Inszenierung von La Boheme von Giacomo Puccini alljährlich auf dem Spielplan der Wiener Staatsoper und immer noch begeistern die aussagekräftigen realistischen Bilder von Franco Zeffirelli und entlocken bewunderndes Staunen, sei es die rührige Pariser Straßenszene oder die winterliche Zollschranke. Der Regiemeister kann mit Massenszenen umgehen, Räume aufteilen und mit kleinen Gesten oder Aktionen Stimmungen und Bilder malen. Immer ist dabei der Handlungsstrang klar verfolgbar.

Die Inszenierung eignet sich so bestens für das Repertoire und laufend neue Besetzungen. So auch für die 453.! Vorstellung, in der vor allem der junge französisch schweizerische Tenor Benjamin Bernheim als fürsorglich romantischer Rudolfo hervortrat. Seine Karriere hat sich durchgängig über verschiedene Opernhäuser entwickelt. Nunmehr zählt er mit seiner warmen lyrischen Stimme zu den gefragtesten Sängern in seinem Fach. Mit seinem sympathischen unaufgesetzten Spiel ist er auch ein Publikumsliebling. Mit seinem Schmelz in der Stimme, seiner mühelosen kraftvollen Höhe, seinen technisch einwandfreien Legati wirkt er mit seiner jugendlichen Erscheinung als Idealbesetzung.

Rachel Willis-Sorensen erreicht dies nicht als Mimi. Zu dramatisch ist ihre Stimme angelegt, die sie versucht weich und fein zu präsentieren. Gefühlvoll kann sie im Piano farbenreich erfreuen. Ihr italienisch ist schwer verständlich und mit ihrem gesunden Erscheinungsbild wirkt sie wenig krank und zerbrechlich.

Die muntere Freundesrunde ist in dieser Wiederaufnahme bestens besetzt. Boris Pinkhasovich ist ein charmanter Marcello, mit gehaltvollen dunklen Tönen und feiner Gesangskultur. Stefan Astakhov steht bereits mit 25 Jahren als Schonard sehr routiniert mit feinem hellem Bariton auf der Bühne. Peter Kellner verabschiedet sich als Colline mit überzeugenden Gefühlen von seinem Mantel. 

Anna Bondarenko ist eine Musetta mit vokaler Leuchtkraft und voller Sopranstimme. Sicher in den Spitzentönen wandelt sie weich fließend in allen Lagen. 

Die zierliche Koreanerin Eun Sun Kim trumpft am Pult des Orchesters der Wiener Staatsoper mit deutlich überzogener Lautstärke und Tempo auf. Martialisch muten ihre zackigen Einsätze an. Ihr fehlt der Zugang zu der blühenden melodramatischen veristischen Klangwelt. Es ist ein Glück, dass das Orchester professionell und erfahren in diese zurückfindet. Auch den Sängern fordert sie einiges ab, um nicht ständig zugedeckt zu werden. Vielleicht kommt es bei weiteren Aufführungen zu mehr Inspiration und Romantik.

Das Publikum feiert Benjamin Bernheim und belohnt alle Mitwirkenden mit viel Beifall.

Dr. Helmut Pitsch

 

 

 

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