Britten spannungsgeladen am Tiroler Landestheater

Xl_the-rape-of-lucretia-6299 © Birgit Gufler

Britten spannungsgeladen am Tiroler Landestheater

Benjamin Britten The Rape of Lucretia Tiroler Landestheater 27.6.2021

Die Kammerspiele im erst kürzlich eröffneten Haus der Musik sind zu einem kleinen Opernhaus mit Orchestergraben umgebaut. Das passt und gibt der Geschichte um Ehre, Macht, Eitelkeit und gesellschaftliche Zwängen einen intimen Rahmen. Auf der Bühne steht ein Halbrund, die Apsis einer Kirche anmutend. Kerzen brennen am Boden ein Textband ist an die Wand projeziert. Es gibt die Zeugenaussage eines Gewaltverbrechens wieder. Wir sind mitten in der klassischen römischen Tragödie bzw am Ende. Im Rückblick spult der Regisseur Johannes Reitmeier die Handlung ab. Dabei helfen ihm zwei Erzählfiguren, die er als Barkeeper eines modernen Nachtlokals agieren lässt, in dem Tarquinius, Collatinus und Junius zusammentreffen. Eine Wette über die Treue und Keuschheit hat die Drei in Rage gebracht. Nur Lucretia, die Frau von Collatinus ist durch ihre keusche Haltung über alles erhaben und heizt den Hass und die Eifersucht Tarquinius, des Prinzen von Rom, an. Er schleicht sich in das Haus von Collatinus und vergewaltigt Lucretia. In ihrer Scham setzt sie tugendhaft ihrem Leben ein Ende.

Geschickt verwandelt sich stetig die Bühne von Michael D. Zimmermann, der auch die eleganten modernen Kostüme schuf, durch Drehung in unterschiedliche Handlungsorte. Die einzelnen Szenen fügen sich so sehr harmonisch und logisch aneinander. Die Personenregie ist ebenso fein ausgearbeitet.

Benjamin Britten hat diese, seine erste Kammeroper The Rape of Lucretia kurz nach dem Krieg 1946 komponiert. Die Instrumentierung beschränkt sich auf dreizehn Instrumente. Musikalisch sind die Einflüsse der Barockmusik in dem Zweiakter erkennbar. Rezitative wechseln sich mit Arien ab, Sprecherrollen markieren einen eigenen Charakter, den Britten immer wieder aufgreift.  Diese kompositorische Dichte übernimmt Kerem Hasan am Pult des kleinen Orchesters. Die Klangfarben und schroffen Melodien zünden und es entsteht ebenso Spannung aus dem Orchestergraben. Konzentriert und sehr aufmerksam setzt der junge Brite die einzelnen Stimmen auch in ihren Klang zusammen.

Dale Albright in der männlichen Erzählerrolle und als Male Chorus bringt wie auch Jennifer Maines, sein weibliches Pendant in der Erzählerrolle und Female Chorus, gewohnte trockene englische Theaterwelt und gediegene Aussprache und Expressivität auf die Bühne. Es wird alles kommentiert ohne dass es aufgesetzt wirkt. Geschickt werden auch Handlungsflüsse filmreif gestoppt und die Handlung erzählt. Die Titelrolle wird von der Russin Irina Maltseva naiv entrückt mit blondem Haar in edler Gesinnung gezeichnet. Stimmlich läßt sie keine schrille Dramatik zu und singt ihre Partie sicher und bleibt auch in tiefer Lage verständlich. Ihren Gatten Collatinus mimt Johannes Maria Wimmer routiniert ohne viele Akzente. Alec Avedissian gibt dem Tarquinius schräges Draufgängertum und Arroganz, ohne zu gewalttätig zu wirken. Sein Bariton passt zum Rollenbild. Der großgewachsene Isländer Unnsteinn Arnason bringt eine kräftige wohl artikulierende Stimme als Junius auf die Bühne. Camilla Lehmeier als Bianca und Annina Wachter als Lucia im Hause von Lucretia runden das gut ausgewählte Sängerensemble ab.

Wieder zeigt sich, dass die Werke von Benjamin Britten nicht ihre Wirkung verfehlen und der sehr lohnende Opernabend geht mit kräftigen langanhaltendem Applaus zu Ende.

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