Wolfgang Amadeus Mozart Le Nozze di Figaro Bayerische Staatsoper 14.1.2025
Bunt und schräg, unterhaltsam und musikalisch gelungene Le Nozze di Figaro in München
Ganz schön bunt und wild ist das muntere Treiben im Hause oder besser Palais von Graf Almaviva in der Inszenierung des Kasachen Evgeny Titov von Wolfgang Amadeus Mozarts Le Nozze di Figaro. Der Betrachter erlebt im Bühnenbild von Annemarie Woods ein etwas heruntergekommenes verwahrlostes Gebäude, wo man im ersten und zweiten Akt nicht wirklich erkennt, ob wir uns drinnen oder vor der Tür befinden. Ein mächtiges Fauteuil als einziges Mobiliar, dass sich mit Motor zum Gebärsessel hochfahren lässt, zieht die Aufmerksamkeit auf sich. Im dritten Akt regiert der Graf in einem monumentalen holzgetäfelten Büro im Sowjetcharme mit Canabispflanzen auf dem Schreibtisch, ein Vorbote für die geheime Plantage, die im vierten Akt als Garten funktioniert. Ihre schrillen, wenig ansprechenden Kostüme unterstützen den schrägen Charakter des Regiekonzeptes. Wenig Ideen gibt es für die Zeichnung der Hosenrolle des Cherubin. Titov lässt die Protagonisten immer wieder obszön und ungezügelt erscheinen. Herzhaft wird hier der Damenwelt nachgestellt und mit dem anderen Geschlecht mit einem guten Schuss Komik herzhaft geschäkert. Feministen haben ihre Freude. Der gut aufsingende Chor wirkt in seinen Auftritten eher wie verwirrte Insassen einer Klinik, zum Teil in Unterhosen.
Es sind die Protagonisten des Abends, allen voran Peter Mattei als Graf Almaviva und Konstantin Krimmel, die mit ihrem humorvollen schauspielerischem Talent die Aufführung kurzweilig und sehr unterhaltsam werden lassen. Großgewachsen und schlank strahlt Mattei Autorität und Vornehmheit aus, die er im Spiel gut zu seinen Begehrlichkeiten und Verführungskünsten einfließen lässt. Selbst im rosa Glitzeranzug schafft er es nicht lächerlich zu wirken. Stimmlich zählt er zu den gesuchtesten Sängern in der Rolle des Grafen Almaviva. Wunderbar nuanciert er in seiner Stimme seine Emotionen und Haltungen vom Befehlendem zum um Vergebung bittenden Ehemann. Sein Läuterungsprozess über den Abend gelingt überzeugend. Auch Konstantin Krimmel kann in seiner Stimme farbenreich gestalten und in seinen Arien mit gut geführten Melodien wunderbar Mozarts Harmonien blühen lassen. Sein darstellerisches Talent vermitteln ihm viel Präsenz, die er gut nutzen kann. Golda Schultz wirkt als Gräfin eher wie eine einfache Marktfrau, die sich in ihrem höfischen Umfeld nicht zu bewegen weiss. Zu hölzern und plump ist ihr Spiel für diese dynamische Inszenierung. Ihr Sopran erfreut mit seiner satten dunklen Farbe, in der Intonation mischt ein zartes Vibrato mit. Louise Alder kann als quirlige Susanna gut mit ihren beiden Verehrern mithalten. Klar und mit vollem Klang erfreut ihre Stimme, die sich auch im Sprechgesang wohlig anhören lässt. In ihren Arien und Duetten zeigt Alder gute Artikulation und Führung. Avery Amereau agiert als wildgewordener zu besessener Cherubino. Schön angelegt bringt sie ihre Arien vor. Ihr warmer Mezzosipran weiß zu umschmeicheln.
Mit Dorothea Röschmann und Willard White gibt es ein Wiedersehen mit zwei routinierten Sängern, die mit merklich grosser Freude agieren.
Am Pult des Bayerischen Staatsorchester agiert Susanna Mälkki mit großen Gesten, aber geringer Gestaltungskraft. Rasch ist ihre Tempowahl, mitunter gedroschen sind ihre Wechsel im Volumen- Das Zusammenspiel Bühne und Graben funktioniert in Summe gut abgestimmt. Zu wenig kommt die Partitur Mozart ins Schwingen.
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15. Januar 2025 | Drucken
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