Giuseppe Verdi Macbeth - Wiener Staatsoper 21.6.2021
Der eingekaufte Macbeth in Wien ein Hexentanz der Sinnesfreuden
In Zürich ist der neue Direktor der Wiener Staatsoper Bogdan Roscic auf seiner Einkaufstour nach außergewöhnlichen sehenswerten Inszenierungen fündig geworden. Vor sechs Jahren feierte dort eine Neuinszenierung von Giuseppe Verdis Macbeth in der Regie von Barrie Kosky Premiere. Pure Mystik und die dunklen Seiten der Macht beschwört der Australier in einer ausdrucksstarken schlüssigen Erzählung. Der politische historische Hintergrund und auch die Handlung der Oper fällt zurück. Wir erleben ein ehrgeiziges kaltschnäutziges Paar, dessen Machthunger und Verbrechen beide in den Wahnsinn treibt. Angestachelt von den beschwörten Hexen, die Barrie Kosky wieder einmal nur nackt bzw fleischfarbenen Leggings mit angenähten Genitalien auftreten lässt treten die anderen Personen nur für ihren gesanglichen Auftritt in Erscheinung. Auch der Chor singt zumeist an der Seite verborgen. Die Bühne isr minimalistisch nur ein nach hinter führender sich rasch verjüngender Gang. Eine matte Lichterkette unten und oben an beiden Seiten führt unaufhaltsam in die scheinbare Ewigkeit, das unerbittliche Schicksal symbolisierend. Schwarz sind auch die langen kuttengleichen Kostüme von Klaus Bruns. Licht ist Mangelware und kommt ab und an von zwei ovalen Lampenschirmen, die von oben heruntergelassen werden und die Sänger wie matte Spots beleuchten.
Viel Augenmerk wird von Barrie Kosky auf die Personenregie gelegt und das ist nicht ohne Wirkung. Elektrisierende Spannung entsteht auch dank der herausragenden Sänger, die sich voll auf das Spiel einlassen. Mit Bewunderung verfolgt der Betrachter Luca Salsi in der. Titelrolle, dessen Gesichtsausdruck ein Wechselbad der Gefühle auszudrücken weiß. Dazu wirft er sich zu Boden und lässt jede Faser dem Wahnsinn verfallen. Auch stimmlich überzeugt er in einer nuancenreichen ausgefeilten Interpretation. Samten legt seine Stimme die Melodien an, weich bleibt das Klangbild. Auch kräftige dramatische Auswürfe gelingen wohl ausbalanziert. Ebenso beeindruckend glänzt Anna Netrebko in der Rolle der blutrünstigen Gattin. Ihre Lady Macbeth ist von großer Aussagekraft und ihre Freude für das Schauspiel ist spürbar. Dazu zeigt sie sich sängerisch in Bestform. Ihre Wahnsinnsarie lässt keine Wünsche offen. Ihr Sopran hat an Fülle und Farbe gewonnen, schmiegt sich in der Tiefe bestens an die Melodien und in der Höhe erklingt er sicher und leicht und lässt auch jede Modulation zu. Unbekümmert wirkt sie auch im Umgang mit den Krähen auf der Bühne, ein besonderer wirkungsvoller Regieeinfall. Freddie De Tommaso nutzt seine Arie des Macduff um seinen wohl timbrierten und höhensicheten Tenor zu präsentieren. Roberto Tagliavini nimmt als Banco berührend Abschied von seinem Sohn. Carlos Osuna ergänzt als Malcolm die starke Sängerriege.
Philippe Jordan zaubert am Pult viel Verdi Klang. Mächtig kräftige Akkorde und sprühende Chorszenen, der sich wieder bestens von Thomas Lang einstudiert zeigt. Markig steigt er in die Mystik der Partitur ein, die Giuseppe Verdi bewusst düster und brutal auskomponiert hat. Vollmundig und romantisch erklingen die Melodien die sich in langen Bögen ausbreiten.
Standing Ovations und viele Bravi für alle Beteigten vom begeisterten Publikum
Dr. Helmut Pitsch
23. Juni 2021 | Drucken
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