Lucrezia/ Der Mond Cuvilles Theater München 30.4.2024
Der Münchner Opernnachwuchs zeigt seine Talente in zwei außerordentlichen Produktionen
Alljährlich präsentiert die Bayerische Staatsoper mit den Mitgliedern Ihres Opernstudios eine abendfüllende Opernproduktion. Dieses Jahr fiel die Wahl auf Ottorino Respighi 1937 entstandene Oper Lucrezia (zugleich auch Deutsche Erstaufführung) und Carl Orffs Der Mond als wirkungsvoller gegensätzlicher Doppelabend. Für die künstlerische Umsetzung wurde mit Ustina Dubitsky am Pult des Bayerischen Staatsorchesters und Tamara Trunova als Regisseurin ein Frauenteam für die Umsetzung ausgewählt.
Tamara Trunova erläutert im Programmheft ihren persönlichen Bezug zur Umsetzung vom Respighis Melodram in drei Momenten und ihren Kriegserfahrungen in ihrer Heimat der Ukraine. Linda Sollacher stellt vier unterschiedlich große eckige transparente Glaskörper auf den Bühnenvordergrund. Dahinter dient ein heller Vorhang als Leinwand für spärliche Projektionen. Eva Mareike Uhlig steckt die männlichen Darsteller in hellgraue Anzüge mit Weste und Melone.Die Frauen in lange dunkle einfache Kleider.
Die klassische Handlung um die Vergewaltigung der Lucrezia, das Spiel von Macht und Machtmissbrauch und die Treue der Frauen wird in einen modernen bis zeitlosen Raum gestellt. Zu Beginn wird Lucrezia in einen Glaskörper gestellt, symbolisch für ihr häusliches Gefängnis, das in der Vergewaltigung die Hilflosigkeit, die Ausweglosigkeit dramatisch verstärkt.
Ottorino Respighi steht für die italienische Moderne im Sog von Puccini und Spätromantik. Seine Musik enthält zahlreiche lyrische Themen, die mit Raffinesse die Seelenzustände der Handelnden in Töne gießen. Genauso kann sie expressiv, explosiv Situationen beschreiben. Die junge Dirigentin geht behutsam mit der Partitur um. Ein paar greifbare Nuancen hätten für mehr Farbe gesorgt. Ihr Dirigat ist präzise umsichtig und unterstützt die Sänger in ihren Auftritten.
Die US Amerikanerin Natalie Lewis singt zuerst aus einer Loge des prunkvollen Rokoko Theaters und beschreibt als La Voce das Schicksal Lucrezias. Ihr Mezzo ist hell, schillernd klar in der Höhe, gleitet leicht und verfügt auch über ein kraftvolles Volumen.
Louise Foor versinnbildlicht die ehrenhafte reine Lucrezia, die überzeugend in ihrem Leid der Entehrung den Ausweg im Tod sucht. Xenia Puskarz Thomas und Eirin Rognerud erfreuen als Servia und Venilia.
Liam Bonthrone ist ein hilfloser Mitläufer und Held als Collatino, der als Gemahl seiner innig verehrten Lucrezia an ihrer Entehrung verzweifelt teilnimmt. Kräftige Töne mit Farbe und guter Intonation zeigt Zachary Rioux als Bruto.
Vitor Bispo ist ein eher ruhiger Täter Tarquino, dem die Regie kein klares Rollenbild gibt. Der mit Masche als Geschenk verpackte Kühlschrank hat nicht wirklich dazu beigetragen.
Gleiche Kostüme und ein einfacher runder Bühnenaufbau mit Bäumen, dazu eine kreisrunde Lichtquelle reichen gut für die märchenhafte Geschichte vom Raub des Mondes durch vier Wanderer. Bei ihrem Tod beschließen sie die gerechte Teilung der Beute. Im. Jenseits wird ihr Zusammentreffen und der wieder zusammengebaute Mond kräftig deftig gefeiert. Petrus beschließt am Ende die Party und legt alle wieder schlafen.
Carl Orffs Musik ist gewohnt rhythmisch und farbenreich instrumentiert, sie kann auf Dauer aber monoton wirken. Immer wieder kommen lyrische Ruhemomente durch. Ustina Dubitsky belässt die treibende Dynamik transparent und flüssig. Den Sängern liefert dies Raum für ein gut durchdringendes Agieren..
Liam Bonthrone ist ein magischer Erzähler, der mit Daniel Noyola als Petrus gut zusammen passt und den Ablauf mit Raum füllen. Gabriel Rollinson, Vitor Bispo, Haozhou Hu und Pawel Horodyski bilden ein harmonisches spielfreudiges Burschenquartett.
Ein gelungener Abend mit durchgehend sehr guten Leistungen des Nachwuchs wird im ausverkauften Haus kräftig vom Publikum beklatscht.
Dr. Helmut Pitsch
01. Mai 2024 | Drucken
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