Richard Wagner Gptterdämmerung Bayreuther Festspiele 26.8.2023
Der neue Ring in Bayreuth driftet in der Götterdämmerung zur seichten Glitzerschau und nähert sich Klamauk
Nunmehr hausen Siegfried und Brünnhilde in Wotans Heim, das wir aus dem Rheingold kennen. Ein Mädchen als Sinnbild des Ringes malt die bereits öfter gesehenen Masken. Die Nornen krabbeln wie Märchenwesen in Glitzerkleidern vermutlich als Traumbild des Mädchens unter der Bettdecke hervor. Alberich lauscht ihnen im Glitzeranzug. Die singenden Nornen spielen Ball mit dem Mädchen und reichen sich einen Reifenschlauch als Schicksalsfaden.
Gibichingen ist das elegante Wohnzimmer, das wir zuletzt als Fafners Pflegezimmer erlebt haben. Hagen mit bekanntem gelben T shirt und Baseballmütze ist der hart gesottene Erzieher des kindlich proletenhaften Gunther mit langer Mähne Glitzerhemd und Sonnenbrille. Gutrune im schrill hellgrünen Hosenanzug dazu seine dralle mannstolle Schwester. Grane begleitet Siegfried. Er will diesen warnen und so wird er von Hagen hinterlistig gemordet. Zu zweit dringen Gunther und Siegfried bei Brünnhilde ein, fesseln das Mädchen und nehmen so den Ring an sich. Deftig fällt Gunther über Brünnhilde her.
Zurück in Gibichingen ist Hagen in einem großen nüchternen Raum beim Boxtraining. Alberich schleicht herein und schmiedet weiter an seiner Rache.Siegfried kommt mit dem geraubten Kind zurück, den Ring symbolisierend. Hagen bereitet die Rückkehr und den Empfang Gunthers vor. Der Männerchor bleibt im Hintergrund und im Dunkeln mit schimmernden tiefroten Masken vor den Gesichtern. So verliert diese oft eindringliche Szene an Tiefenwirkung. Gunther führt Brünnhilde heim, die den Verrat rasch durchschaut. An Hagens Schwert wird hier ohne „Speeres Spitze“ der Eid geschworen. Siegfried und Gutrune ziehen sich zu einem ausschweifenden Fest im Hintergrund zurück, im leeren große Bühnenraum verbünden sich Brünnhilde,Hagen und Gunther. Durch die transparente Bühnenwand sind Siegfried und Gutrune beim Geschlechtwsverkehr im Schattenbild erkennbar.
Ein ausgelassener Swimmingpool im Querschnitt, umgeben von einem Bauzaun ist der Handlungsort des letzten Aufzugs. Siegfried angelt am Boden in einer kleinen Lacke, das Rheingold bzw der Ring liegt als Kind symbolisiert neben ihm. Die Rheintöchter lungern hier auch herum, ganz in rot mit eleganten Handtaschen. Hagen erscheint und klettert die Leiter in den leeren Pool hinab, Gunther wirft einen weißen Plastiksack hinein. Später wird ihm Brünnhilde den Kopf Granes entnehmen. Die Jagdgesellschaft ist eher eine ausgelassene übernächtige Partygesellschaft. Hagen erledigt Siegfried mit dem geerbten Schlagring Fafners und erfüllt so eine vererbte Last.
Brünnhilde erscheint wieder im rosa langen Kleid mit ihrer Lederjacke und Schlapphut. Sie singt zuerst wirkungshemmend hinter dem Gitterzaun und bewegt sich im zweiten Teil der Schlusszene auf den Boden des leeren Swimmingpools. Mit einem Benzinkanister überschüttet sie sich und legt sich neben den toten Siegfried. Das vernichtende Feuer steigt nur in der Musik aus dem Graben. Die Rheintöchter nun mit roten Masken nehmen das Rheingold Mädchen auf. Von oben lichtet sich der dunkle Vorhang über der Szenerie, eine Leuchtkette erschließt sich langsam, davor hängt der triefende leblose Körper Wotans am Strick.Es ist ausgedämmert.
Auch am letzten Abend verfolgt Valentin Schwarz sein Konzept der dichten Familiengeschichte und des sinnbildhaften Einsatzes der Kinder. In der Umsetzung verlieren sich die Handlungsstränge, der dramatische Fäden bleibt nicht gespannt. An manchen Stellen macht sich darstellerische Unschlüsdigkeit der Protagonisten breit, die mitunter mit Achselzucken abgetan wird. Bildhaft wird das Ende zu einer unverdienten Trashszene und ein versöhnliches Ende bezuglos umgangen. Wotans Selbstmord passt hier nicht wirklich als rahmender Ersatz.
Pietari Inkinen nimmt wieder den Stab in die Hand, um den Erzählstil des Regisseur musikalisch zu ergänzen und zur Handlung zurückzukehren. Eindrucksvoll drängt er nach vorne, nutzt die Orchesterstellen für kraftvolles zum Teil zu lautes Aufspielen. Viele Leitmotive erscheinen hervorgehoben betont. Zu Beginn fliesst das Geschehen nicht immer mit dem Erguss im Graben zusammen, der zweite Aufzug gehört in der Wirkung dem Chor und Orchester, im letzten Bild wird es für die Musiker schwierig die volle symphonische Pracht zum Bühnengeschehen auszuspielen, zu weit ist die Regie hier vom monumentalem Ende und romantischer Auflösung entfernt.
Andreas Schager bleibt gut bei Stimme und erfreut wieder mit einem heldenhaft durchdringendem Gesang, der bis zum letzten Ton keine Müdigkeit zeigt. Catherine Foster überzeugt mit wohligem unforcierten Gesang. Sicher und mit guter Intonation füllt sie die Rolle der Brünnhilde aus. Mächtig stellt sie sich dem untreuen Siegfried in ihrer Anklage, mit Bestimmtheit verbündet sie sich gegen ihn, gefühlvoll mit Grandezza legt sie sich zu ihrem toten geliebten Helden, bereit mit ihm zu sterben.
Mika Kares ist ein stimmgewaltiger Hagen, dem mitunter die dunkle Boshaftigkeit fehlt. Markus Eiche hält wacker die übertriebene Charakterzeichnung Gunthers durch, stimmlich zeigt er seine Klasse. Olafur Sigurdarson ist wie an den vorherigen Abenden ein dunkler rachsüchtiger Schawarzalbe.
Der Besuch von Waltraute bei Brünnhilde wird von Christa Mayer mit viel Pathos glaubwürdig gestaltet und stimmlich gefühlvoll mit feinen Nuancen umgesetzt. Aile Asszonyi bleibt mit großer Stimme farblos und textlich unerkennbar als Gutrune. Enttäuschend die drei Nornen, wobei besonders die dritte Norne Kelly God mit schrill hervorsticht. Okka von der Damerau als auch Claire Barnett-. Jones spinnen ohne Ausdruck am Schicksal.
Gemischte Reaktionen aus dem Publikum, einhellig ist die Begeisterung für die Darsteller und den Dirigenten.
Dr. Helmut Pitsch
28. August 2023 | Drucken
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