Die Königskinder als gelungene Opernrarität bei den Tiroler Festspielen

Xl_koennigskinder_erl © Xiomara Bender

Engelbert Humperdinck Die Königskinder - tiroler Festspiele

Premiere am 9.7.2021

Epigone oder nicht, diese Frage begleitet die Karriere von Engelbert Humperdinck, sowie auch seine musikgeschichtliche Anerkennung. Mit 26 Jahren traf er 1882 auf Richard Wagner. Der war gerade im Begriff mit der Schöpfung des Parsifal weiter in kompositorisches Neuland zu treten. Die Begegnung und Zusammenarbeit der beiden ist für den Jungen Humperdinck mehr als prägend und wird eben seine Schaffenslaufbahn beeinflussen und ihn gerne als „Nachahmer“ einordnen. Die Einflüsse Wagner sind klar erkennbar, aber es finden sich auch andere wie das symphonische Schaffen  Brahms und eigene neuartige  Stilelemente in der deklamatorischen Stimmführung ohne Arien aber viel Melodie im Sprechgesang. Bei seiner Oper Die Königskinder springt die Parallellität zu Wagners Meistersinger, Siegfried oder Tristan inhaltlich ins Auge. Das schwerfällige Libretto aus Reimen von Elsa Bernstein Porges, unter dem männlichem  Pseudonym Ernst Rosmer veröffentlicht, erzählt die tragische Liebe einer Waisin, die als Gänsemagd bei einer Hexe aufwächst und Frondienst leistet (Siegfried und Mime) und dem Königssohn, der auszog um die Welt zu entdecken. Die erste Begegnung der beiden erfolgt im Wald. Die gemeinsame Flucht scheitert am Zauber der Hexe. Erst der Spielmann ein munterer Gesell erlöst die Gänsemagd und sucht mit ihr den Geliebten. Dies gelingt, aber die beiden werden vom Volk nicht erkannt und verstoßen (Meistersinger). Hungrig und verfroren sterben sie sich in den Armen liegend (Tristan und Isolde Liebestod), als bereits das Volk und besonders  die Kinder sie suchen, aber die Hilfe kommt zu spät.

1897 wurde die Oper in München unter großem Aufsehen uraufgeführt. Sie fand aber keinen festen Platz auf den Spielplänen und so blieb Humperdinck nur mit seiner Oper Hänsel und Gretel weltberühmt.

Es ist den Tiroler Festspielen hoch anzurechnen, dieses selten gespiegelte Werke dem Publikum vorzustellen, passt aber in die künstlerische Ausrichtung als international anerkannte Spielstätte für das Werk Richard Wagners.

Der Südafrikaner Matthew Wild, ehemals künstlerischer Leiter der Oper Kapstadt, inszeniert die Königskinder plastisch als modernes Märchen ganz im Stil moderner Fernsehserien. Hexe und Magd hausen im cald in einem heruntergekommenen Wohnwagen mit großem Kühlschrank vor der Tür. Dieser dient als Würstelstand in einem Stadion im zweiten Bild. Wieso hier gerade deutsche Boxkwurst und in der üblichen Schrift des Nationasozialismus Willkommen auf die Bühne gesetzt werden musste ist unverständlich und plump. Im dritten Bild steht der nun ausgebrannte Wohnwagen im zerstörten Wald, ein hässlicher verfallener Betonbau zeigt, wie mittlerweile die Zivilisation bis an das ehemalige Hexenhaus herangekommen ist ( Herbert Murauer Bühne Kostüme ). Klimawandel und Verstädterung lassen grüßen. Die Personenregie ist statisch und einfallslos.

Musikalisch gelingt es Karsten Januschke nur an Ansätzen die romantische Breite und Fülle der Musik zu entfalten. Er lässt die Streicher nur mit großer Zurückhaltung musizieren, die Bläser dafür nehmen viel Raum ein. Es bessert sich im Laufe des Abends. Auch fallen Unstimmigkeiten im Zusammenspiel auf. Vielleicht wurde der anderen Premiere der Festspiele Das Rheingold von Richard Wagner mehr Vorbereitungszeit gewidmet.

Sängerisch Ist der Abend durchgehend gut besetzt Gerard Schneider mit seinem lyrischen vollen Tenor ist ein glaubwürdiger Königssohn. Karen Vuong ist eine dramatische zu erwachsene Gänsemagd. Ihre Stimme neigt zum Vibrato und Übersteuerung. Iain MacNeil macht den Spielmann mit seinem großen Einsatz  zur tragenden Person des Abends. Seine akrobatischen Einlagen wie der Sprung aus dem Stand auf den Kühlschrank beeindrucken. Katharina Magiera ist eine farbige Hexe.

Besonders erwähnenswert ist die Leistung des Kinderchor der Schule für Chorkunst München unter der Einstudierung von Maxim Matluschenkov. Die jungen Sänger und Sängerinnen spielen locker und unbeeindruckt und die jugendlichen Stimmen intonieren technisch sauber und mit Ausdruck.

Das Werk kommt  beim Publikum gut an und die Künstler werden begeistert beklatscht.

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