Die neue Walküre in Mailand - Sängerensemble triumphiert in ästhetisch ruhigen Bildern

Xl_347379f5-fa1b-42eb-a0c7-c7c6a9c831e8 © Brescia AmisanoTeatro alla Scala

Richard Wagner Die Walküre Teatro alla Scala 23.2.2025

Die neue Walküre in Mailand Sängerensemble triumphiert in ästhetisch ruhigen Bildern

Mit einer Stunde Verspätung startet „Die Walküre“ an der Mailänder Scala. Günther Groissböck, Hunding der Neuinszenierung, erreicht seine Hütte, den Handlungsort des ersten Aktes aufgrund eines Autounfalls erst verspätet. Sehr konventionell, wenig inspiriert ist das Bühnenbild, auch vom Regisseur David Mc Vicar im ersten Akt gestaltet. Ein mächtiges astloses Baumgerippe steht im Mittelpunkt der sonst dunklen leeren Bühnen. Seitlich stehen zwei monumentale Bauwerke wie mittelalterliche Lehmtürme mit hervorstehenden Dachbalken, das Haus Hundings andeutend. Unpassend wird ein mächtiges schweres Gitter im Hintergrund heruntergelassen bevor der Hausherr kommt. Emma Kungsbury steuert wenig originelle Kostüme bei. Siegmund erscheint in Ledermontur, Sieglinde im schwarzen langen Kleid mit Kurzhaarschnitt wirkt sehr hausbacken. Hunding kommt streitbar in schweren Fellen mit Gesichtshelm und Speer, seine Mannen erinnern an Perchten, die in unseren ländlicheb Gebieten den Winter austreiben. So kommt dann auch der Lenz als bläuliche schimmernde Lichtprojektion auf den Bühnenhintergrund. Die Personenregie ist statisch auf wenig Aktion ausgelegt.

Im zweiten Akt wird es stimmungsvoller. Walhall ist ein dunkel ausgeleuchteter Kreis von schwarzen Menhiren und erinnert an Stonehenge. Eine angekettete Steinkugel symbolisiert die Weltmacht, deren Ende Wotan durch lösen der Ketten herbeiführt. Wotan schickt seine beiden Raben texttreu bildlich durch zwei Statisten mit mächtigen Flügelschlag dargestellt realiter in die Luft. Brünnhilde erscheint kämpferisch mit stählernen Brustpanzer und ihrem Ross Grane, von einem Statisten mit Sprungfedern geschickt wild springend dargestellt. Auch das Widdergespann Frickas wird lebendig auf der Bühne. Zur Todesverkündigung werden lautlos unmerkbar die Menhiren verschoben und ein tiefer Blick auf die Bühne öffnet sich.

Action folgt zum Walkürenritt. Munter toben die Rößer der Walküren, die diese am langen Zügel zu beruhigen versuchen. In der Bühnenmitte dreht sich langsam der Walkürenfelsen und die Gesichtszüge eines liegenden Richard Wagners sind erkennbar. Der Kopf öffnet sich und Brünnhilde wird väterlich behutsam in einer Hand zum Schlafe gelegt. Vier Diener helfen Wotan zu diesem feierlich gestalteten Akt. Eine mächtige Feuerbrunst auf Videos umgibt das Schlussbild.

Insgesamt liefert David Mc Vicar eine meist gut durchdachte Personenregie, die durch eine exellente und eindringliche Darstellung der Sänger durchgängig einen Spannungsbogen aufbaut. Eindrucksvoll mit Pathos und bester Verständlichkeit spielt Michael Volle einen herrschaftlichen Gottvater Wotan. Eindringlich schildert er seine Zwänge, seine Wut wirkt echt wie seine wiederaufflammende Vaterliebe. Stimmlich zeigt er keine Schwächen und bleibt geschmeidig im Gesang. Mit Camilla Nylund steht ihm eine ebenso präsente Brünnhilde gegenüber. Jugendlich frisch mit großer Strahlkraft ist sie eine selbstbewusste liebende Tochter. Ihr Sopran ist wandlungsfähig, rein und klar, selbst die Walkürenrufe gelingen ihr ohne metallen zu werden. Ihre Fricka gestaltet Okka van der Damerau als ruhige sachliche Verhandlerin und zeigt auch viel Gefühl für den Gatten, ihr Bewusstsein des bevorstehenden Untergangs liegt in ihrer Stimme. Klaus Florian Vogt ist seit Jahren ein gefragter Siegmund. Unverändert souverän und berührend seine Rollendarstellung des jungen Helden. Mit seinem hellen Tenor strahlt er wenig nuanciert als Kämpfer und liebender Bruder. Elza van den Heever ist eine geläuterte, ihrem Schicksal ergebene wenig jugendliche Sieglinde. Stimmlich überzeugt sie mit ihrer Klarheit und sicheren Intonation in allen Lagen. Günther Groissböck sonnt sich in seiner kantigen Rolle als macht- und sexbesessener Rohling. Seine tiefe volle Stimme passt zu diesem Hunding bestens.

Ursprünglich sollte Christian Thielemann die musikalische Leitung des neuen Rings an der Mailänder Scala innehaben. Nach dessen Absage teilen sich jetzt Simone Young und Alexander Soddy das Dirigat. Am gestrigen Abend zeigt der Brite Soddy einen sehr klar geführten, im Tempo und Volumen zurückhaltend sängerfreundlichen Orchesterklang. Warm und gut zusammen geführt spielen die Musiker aufmerksam und sicher. Gefühlvoll untermauern sie die Emotionen auf der Bühne, Zwietracht, Liebe, Angst und Wut lassen sich auch im Graben gut erkennen.

Gesamt betrachtet ist diese Fortsetzung der Neuinszenierung des Ring des Nibelungen gelungen. Wenig aufregend, aber einfühlsam eng am Libretto geführt ist die Regie begleitet von ästhetischen großformatigen Bildern. Die Sahne sind die erstklassigen Leistungen der Sänger und Sängerinnen.

Dr. Helmut Pitsch

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