Stefan Zweig Schachnovelle Burgtheater Wien 22.1.25
Die Schachnovelle - Brilliante Transformation in Musik und Schauspiel am Burgtheater
In der Isolation seiner Emigration schrieb Stefan Zweig seinen unvergleichlich spannenden Roman „Die Schachnovelle“. Es ist dies sein letztes Werk, Tragisch beendeten er und seine Ehefrau 1942 durch Selbstmord ihr unglückliches Dasein im Exil in Brasilien.
Geschickt entwickelt er aus einer eher banalen Handlung einer Schiffsreise von New York nach Buenos Aires und dem Versuch einer zufällig zusammengewürfelten Gesellschaft, sich die Zeit zu vertreiben, ein tiefgehendes Psychodrama. Zwei Charaktere stehen im Mittelpunkt. Ein autistischer Waise, der durch Zufall als Schachgenie erkannt wird reist um Geld zu verdienen durch die Welt. Ihm gegenüber steht der ominöse Dr. B. , der als Gefangener und Gefolterter nur durch absolute Konzentration auf das Schachspiel, dem Psychoterror der nationalsozialistischen Gestapo überlebt. Die Handlung und Begegnung der beiden wird von einem österreichischen Emigranten in der Ich Form erzählt.
Brillant verkörpert Nils Strunk die handelden Personen der Novelle auf der Bühne des Burgtheaters Wien. Der Vollblutschauspieler und Musiker ist ein Zauberer der Verwandlung und schlüpft sekundenschnell in die unterschiedlichen Charaktere. Ständig ist er unaufdringlich in Bewegung, sei es am Klavier oder als Arrangeur der Kulisse - Bühne Maximilian Lindner mit Zeichnungen von Herbert Nauderer. Seine Kleidung wechselt er im Gehen, meist dreht er nur einfach nur sein Jacket um und trotzdem besticht er gleich durch eine neue tief geprägte Charkterdarstellung - Kostüme Anne Buffetrille. Von der ersten Spielminute herrscht Spannung im altehrwürdigen Wiener Burgtheater. Ein dumpfes typisches NebeIhorn, das allseits bekannte klassische Geräusche der Schiffsdampfer führt sofort den Handlungsort ein.
Der an der Hochschule für Schauspielkunst Berlin ausgebildete Nils Strunk ist auch ein begnadeter Musiker und Entertainer. Versiert spielt er sich am Klavier mit den beiden Musikern an der E Gitarre und Schlagzeug durch nahezu alle Genres. Da wird ein ungarischer Tanz von Johannes Brahms mannigfaltig transkribiert, ebenso wie Mozart oder Bach. Big band like wird gejazzt und geswingt. Das Publikum ist mitgerissen und fühlt sich unvermittelt mit an Bord und als stiller Beobachter der ungewöhnlichen Schachpartie.
Nach der ebenso im Burgtheater vorgestellten Fassung von Mozarts Oper „Die Zauberflöte“ hat das Allround Talent Nils Strunk auch hier Regie und Textbearbeitung, gemeinsam mit Lukas Schrenk, sowie die musikalische Gestaltung übernommen. Romane und Erzählungen als Schauspiel auf die Bühne zu bringen liegt derzeit im Trend. Hier wurde ein neues Format in dieser Entwicklung geschaffen, das sich zwischen Musiktheater, Revue und Schauspiel mit Musik sehr gekonnt bewegt. Der Erfolg aber ist engstens mit der Leistung des vielseitigen Talents Nils Strunk verbunden.
Stehende Ovationen der Begeisterung. Als Dank gibt es noch eine kleine musikalische Session für den ausdauernden Beifall, während die Bühnenarbeiter bereits agieren. Die Tickets sind heissbegehrt. Die wenigen Aufführungen sind immer sofort ausverkauft.
Dr. Helmut Pitsch
24. Januar 2025 | Drucken
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