Diese Manon darf nicht sterben - berührend verführt Anna Netrebko in Wien

Xl_512f30f1-ee15-484f-962d-c6b1a064797a © Wiener Staatsoper/ Michael Pöhn

Giacomo Puccini Manon Lescaut Wiener Staatsoper 8.11.2023

Diese Manon darf nicht sterben - berührend verführt Anna Netrebko in Wien

Modern, elegant aufpoliert ist die Shopping Mall in der sich munteres Treiben abspielt. Da wird auch mal am Boden gesessen und gelauscht oder auf einem Karton Karten vor den eleganten Geschäften gespielt. Es ist viel los in dieser Manon Lescaut, mitunter zu viel in der Inszenierung von Robert Carsen aus 2005 für die Wiener Staatsoper. Die Kostüme von Antony Mc Donald sind aufwendig bunt und elegant, die Herren in gut geschnittenen dunklen Anzügen oder schwarzen Lederjacken. Sein Bühnenbild ist leicht zu wechseln, indem die Schaufenster andere Blicke freigeben oder mit verwitterten Jalousien verschlossen sind. Die Personenregie beinhaltet viele Statisten und auch der Chor verteilt sich breit auf der Bühne. Erst im dritten und vierten Akt wird es ruhiger und gefühlvoller in der Empfindung.

Dies erreichen vornehmlich die erstklassigen Sänger und Sängerinnen. Allen voran überzeugt wieder Anna Netrebko als Manon Lescaut. Die Begehren am Luxus als auch die verzehrende Liebe zu des Grieux zeigt sie mit ihrem großen spielerischen Talent. Dazu liefert ihre technisch perfekte Stimme mit den zarten Nuancen in Tonbildung und Färbung eine meisterhafte Darbietung der Titelheldin. Ihre Reife, ihre Selbstlosigkeit als Verbannte, ihre Zuwendung zum heldenhaft folgenden Geliebten gelingen überzeugend echt. Des Grieux ist in der Umsetzung von Joshua Guerrero ein Idealist und Draufgänger, der im inneren menschlich echt und ehrenhaft ist. Nach ersten Unsicherheiten, er ist kurzfristig für Yusif Eyvazov eingesprungen, läuft er zu Hochform auf und kann mit einer sehr emotional geladenen kraftvollen aber nicht übersteuerten Darstellung punkten. Davide Luciano gelingt eine besonders intensive, markige und besonnene Rollenzeichnung von Lescaut als verräterischer Bruder, der zur Schwester zurückfindet. Evgeny Solodovnikov muss als Geronte in der Regie sehr deftig und sexbesessen erscheinen, sein schilllernd hämmernder Bass setzt hier breitere Akzente und führt auch fein die Melodien. Carlos Osuno ist ein leichtstimmiger Edmondo.

Jader Bignamini liefert zu dem üppigen Geschehen ein trockene harte musikalische Untermalung, die mit wuchtigen Fortissimi durchzogen ist. Das Intermezzo bringt weichere Züge und stimmt  gelungen auf das tragische Ende ein. Großer, nicht enden wollender Jubel. Das Publikum feiert seine Lieblinge allen voran Anna Netrebko.

Dr. Helmut Pitsch

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