
Vincenzo Bellini Norma Maggio Musicale Florenz Neuinszenierung Premiere 9.März.2025
Eine musikalische bestens ausgeführte neue Norma in wenig inspirierter Regie in Florenz
Dunkel und weitgehend leer ist die Bühne des neuerbauten Florentiner Opernhauses, Bühnenbildner Daniele Spano stellt einen großen runden Trog mit einem golden ausgekleideten, an Seilen hängender Deckel in die Bühnenmitte, den Tempel der gallischen Druiden in der Neuinszenierung von Vincenzo Bellinis Tragedia lirica Norma symbolisierend. Die Oper spielt im von den Römern besetzten Galliern, Norma als Hohepriesterin hat ihr Keuschheitsgelübde in Liebe zum römischen Feldherrn Pollione gebrochen und zieht zwei gemeinsame Kinder in Geheimen auf. Als Pollione eine weitere Beziehung zur Novizin Adalgisa beginnt, zerbricht Normas Welt und endet in ihrer eigenen erlösendem Opferung.
Lange galt die Oper als unspielbar aufgrund der schwierigen und anspruchsvollen Titelpartie, gesanglich und darstellerisch. Die Primadonna assoluta Maria Callas leitete eine Wiederbelebung ein. Nunmehr ist die Partie der Norma ein Marken- und Qualtätszeichen für eine hohe Frauenstimme. Die Australierin Jessica Pratt erfüllt mit ihren technisch einwandfreien sicheren Koloraturen, einer hellen klaren Stimme, die sich gut beweglich rasch führen lässt, beeindruckend die Anforderungen. Dazu lässt der Regisseur Andrea de Rosa die Heldin sehr menschlich und zerbrechlich erscheinen, keine mächtige kriegerische Priesterin sondern eine treue Geliebte und Mutter, die in Unsicherheit und Selbstvorwürfen zerfließt und so ihr Schicksal noch berührender werden lässt. Ihr gegenüber wirkt Maria Laura Iacobellis als die Novizin Adalgisa, die sich ebenso unschuldig in den römischen Feldherrn und Besatzer verliebt, streitbarer und angriffslustiger. Auch sie verfügt über eine nuancenreiche technisch gut führbare Stimme, schimmernde Höhen und gut artikulierte Tiefe.
Mert Süngü ist der Liebhaber beider, Pollione und auch der Anführer der verhassten römischen Besatzer, die in der Regie von de Rosa zu Beginn skrupelos aber gestisch unbeholfen Hinrichtungen vornehmen. Kalt und unberührt, berechnend und eingebildet wird er gezeichnet. Zumeist erscheint er in moderner Armeekluft, während die Gallier mit wallenden Gewändern in den Kostümen von Gianluca Sbicca eher historisch von gestern wirken. Solide und sicher mit enger Höhe führt Süngü seine Stimme, entfaltet aber wenig Strahlkraft. Riccardo Zanellato ist ein stattlicher Oroveso, der aktiv als oberster Druide seinem geknechteten Volk vorsteht. Kämpferisch und rechtschaffen tritt er auf, zeigt sich aber vom Schicksal seiner Tochter ergriffen.
Michele Spotti begleitet mit dem Orchester Maggio Musicale Fiorentino einfühlsam aber auch mit der richtigen Mischung aus Dramatik und Emotionen. Die Ouvertüre, vor zum Glück geschlossenem Vorhang, bereitet und führt markant in die Handlung. Der junge Mailänder spart nicht an würziger Marschmusik zwischen elegischen Melodien. Mit Gespür setzt er Akzente gegenüber der Bühne, unterstützt die Sänger und hält den Spannungsbogen. Sehr harmonisch und im Einklang singt der Chor des Maggio Musicale, leider von der Regie wenig in der Bewegung geführt.
Großer Jubel zur Premiere, einige Buhs für das Regieteam hörbar.
Dr. Helmut Pitsch
11. März 2025 | Drucken
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