Eine neue Frau ohne Schatten in Nürnberg Klar im Bild, mächtig und farbenreich im Graben

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Richard Strauss Die Frau ohne Schatten Staatstheater Nürnberg Premiere am 2.10.2022

Eine neue Frau ohne Schatten in Nürnberg Klar im Bild, mächtig und farbenreich im Graben

Zur Eröffnung der neuen Spielsaison wagt das Staatstheater Nürnberg eine Neuinszenierung der monumentalen herausfordernden Oper Die Frau ohne Schatten von Richard Strauss. Das Werk ist eine weitere Zusammenarbeit des genialen Duos Hugo von Hoffmansthal für das Libretto und Richard Strauss und steht für eine metaphysische Konfrontation der Geisterwelt und Menschheit, von Zauberwelt und Realität. Zwei Paare, die sich ihrer Gefühle nicht sicher sind treffen aufeinander und finden zueinander zurück. Dazwischen entwickelt sich eine komplexe Handlung von Magie, Prüfungen und bösen Geistern.

Der Intendant des Staatstheater Nürnberg Jens Daniel Herzog hat die Regie übernommen. Er nimmt dem Stück die drückende Poesie und sucht eine klare Darstellung der Charaktere und ihrer Beziehungen. Die Bühne von Johannes Schütz ist leer. Nur wenige Requisiten kommen zum Einsatz. Eine hängende Leinwand vermittelt verschiedene Naturbilder, ein Wohnwagen ist das Liebesnest des Kaisers mit seiner zu Mensch gewordenen Gazelle. Ein einfaches hängendes Gestell bildet zwei Räume als Zuhause des Färbers. Am hinteren Bühnenrand sitzen aufgereiht alle Protagonisten und treten für ihre Auftritte hervor. Die Kostüme sind modern in gefeckten Farben, die Färberin sticht in rot hervor. Eine Jungenschar im schwarzen Anzug fungiert als Helfer der dämonischen Geisterwelt. Am Ende präsentieren sie die ungeborenen Kinder und begleiten munter herumtollend das jubelnde Happy End.

Es gelingt Herzog die Handlung entstaubt und klar zu zeichnen, er lässt Spuk und Mystik weg, stellt die Paare in den Vordergrund und setzt in seiner Personenführung auf manch gefühlvolle Gestik, zumeist regiert aber Statik. Joana Mallwitz eröffnet Ihre letzte Saison in Nürnberg und setzt ein deutliches Zeichen ihrer Reife. Richard Strauss streift in diesem Werk durch die spätromantische Klangwelt mit kräftigen Einflüssen der Moderne und des Expressionismus. Seine Klangfarben und Harmonien sind mannigfaltig. Die Instrumentierung ist breit aufgefächert. Dazu muss das Orchester auch in den seitlichen Logen ausweichen. Chorszenen finden auf  und hinter der Bühne statt.

Genug der Ansprüche für die Dirigentin die hörbar intensiv mit der Staatsphilharmonie Nürnberg geprobt hat. So gelingen sauber und sicher die Einsätze, bewegend lässt sie die romantischen Melodien aufblühen, Steigerungen baut sie bis zu betörender Lautstärke auf. Mit lebendiger Geste animiert sie zu fliessenden Spiel und lässt den Spannungsbogen nicht absinken. Soli streicht sie markant heraus. Die Partitur spielt. Die Sänger können auf eine sichere und aktive Begleitung zählen.

Stolz präsentiert das Staatstheater seine Ensemblemitglieder in zahlreichen Rollen. Der Pole Tadeusz Szlenkier.gibt sein Rollendebüt und singt das erste Mal als Kaiser eine grosse Rolle auf Deutsch. Er hat sich in der Wortdeutlichkeit sehr gut vorbereitet und gefällt mit seinem warmen höhensicheren Tenor. Seine Stimme sitzt schön und frei in der Mittellage und zeigt Kraftreserven. Agnieska Hauser ist kurzfristig für Ilja Papandreou als Kaiserin eingesprungen. Sie ist Ensemblemitglied in Kiel und hat dort bereits die Rolle gesungen. Ihr Sopran ist kraftvoll und neigt zu Vibrato und Schärfe in der Höhe. Über den Abend findet sie immer besser den Ausgleich. Lioba Braun ist eine raumgreifende Amme. Mit trockenem markanten Mezzo zwängt sie sich zwischen Geister- und Menschenwelt und führt bzw verführt die beiden Paare bis sie letztlich unsanft von der Kaiserin entlassen wird. Thomas Jesatko überzeugt als biederer treuer Färber und Gutmensch. Voll und rein öffnet sich sein Tenor, weich, verständlich und klar artikuliert im Gesang. Manuela Uhl begeistert als Färberin mit einer gekonnten Mischung an Dramatik und Lyrik mit sehr beweglichen und vollen Sopran. Ohne Schärfe klettert sie in die Höhen, verpackt ihre Ausbrüche wohl dosiert und schmeichelt in feiner Melodieführung. Samuel Hasselhorn präsentiert sich als strenger herrschaftlicher Geisterbote.

Ein großer Abend der begeistert im ausverkauften Haus gefeiert wird.

Dr. Helmut Pitsch

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