Ernst Krenek Karl V farbenreiche Lebensbeichte in München

Xl_7a682310-aa85-4938-8958-554a7b20bf23 © Winfried Hösl

Mit 30 Jahren schuf der junge Ernst Krenek seine grosses Bühnenwerk Karl V, sein erstes dodekanes Musiktheater. Das Leben des 1500 geborenen österreichischen und gleichzeitig spanischen Herrschers und somit Beherrscher der neu entdeckten Länder jenseits des Atlantiks lieferte den Inhalt für das vom Komponisten selbst gefertigte Librettos. Karl V steht für die hochpolitische Frage der Schuld, der Rechtfertigung, was hätte anders gemacht werden können gegenüber der freien Willensentscheidung. In dichten zweieinhalb Stunden analysiert so der gealterte, geläuterte Kaiser - grossartig Bo Skovhus - sein Leben, sein Lebenswerk, sein Schicksal und seine wichtigsten Zeitgenossen im Gespräch mit dem jungen Beichtvater Juan de Regla, der für die Veränderung steht. Das Werk hat auch höchst aktuellem Bezug zur Lebensphase Ernst Kreneks. 1931 begann er mit der Arbeit an dem Werk, 1934 hätte die Uraufführung stattfinden sollen. Die politischen Veränderungen und Unruhen warfen ihre Schatten voraus. Krenek ging ins Exil und das Werk wurde 1938 in Prag uraufgeführt.

Auch in den aktuellen nationalistischen Strömungen zeigt sich die Aktualität der Handlung. Mit der politischen Befreiung im Wort erfolgt musikalisch die Befreiung von der expressiven spätromantischen Musik hin zur Zwölftonmusik. Er stellt das komplexe Thema der Oper auf zwei Handlungsebenen, eine Realität und eine Traumwelt. Sprache und Sprachgesang halten sich die Waage, Melodien fehlen in seiner Zwölftonmusik, dafür prägen ausgefeilte gewagte Harmonien Gefühle, malen Bilder und kleiden Erzählinhalte aus.

Die katalanische Regietruppe Fura dels Baus schafft in gewohnter Weise ausdrucksstarke symbolkräftige Bilder mit einem bunten Strauss von Effekten. Vordringlich Videoinstallationen begleiten die Handlung, die durch bewegte Spiegel noch verstärkt werden und an Seilen hängende Turner bilden handlungsbezogene Objekte wie die Erdkugel die in der Athmosphäre verglüht. Ein grosses Wasserbecken ist der Bühnenboden, Zeichen für den Fluss des Lebens und der Zeit so wie die Uhren, eine Sammelleidenschaft des Kaiser, die auf die Bühne gebracht werden.

Erik Nielsen erarbeitet am Pult eine spannungsgeladene exakte musikalische Umsetzung. Das Publikums folgt der intelligenten wohl dosierten Regie, die die anspruchsvollen Handlung und schwer verdauliche Musik harmonisch ohne Provokation bekleidet und spendet am Ende viel Beifall.

Dr. Helmut Pitsch

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