Fassettenreiche musikalische Begegnungen mit dem BRSO in der Isarphilharmonie

Xl_brso_sung-barakhovsky_schlussapplaus1_br-astrid_ackermann © Astrid Ackermann

Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks Shiyeon Sung Isarphilharmonie 23.11.2023

Fassettenreiche musikalische Begegnungen mit dem BRSO in der Isarphilharmonie 

Zumeist ist er die Draufgabe oder der Abschluss eines glanzvollen symphonischen Konzertes. Der Bolero von Maurice Ravel ist mit seiner radikalen Reduktion auf eine musikalische Konstante in Rhythmus und Melodie, die über 10 Minuten in ausgefeilter Instrumentierung wiederholt wird, einzigartig. Als Auftragswerk der gefeierten Tänzerin Ida Rubinstein 1928 entstanden, tritt er seinen Siegeszug als Konzertstück an. Das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks und seine Gastdirigentin Shiyeon Sung setzen es an den Beginn eines spannenden kraftvollen Konzertabends, der Werken des französischen Komponisten und seines ungarischen Kollegen György Ligeti gewidmet ist.

Ungemein zurückgenommen, nur in einem Hauch vernehmbar, stellt der Trommler das Motiv vor, das er noch hunderte Mal in tiefer Konzentration und Perfektion wiederholen wird. Zuerst folgen einzelne Holzbläser bis dann ganze Instrumentengruppen in den ekstatischen Taumel um das zentrale Thema einsteigen und am Ende kraftvoll abrupt auseinanderfallen. Die junge koreanische Dirigentin bleibt sehr zurückhaltend in der Gestik und nahezu starr in der Haltung. Sie unterstreicht so die monotone Kraft des Werkes, ohne dabei eine pulsierende Entwicklung und einen spannungsgeladenen Klangaufbau vermissen zu lassen.

Der Ungar György Ligeti ist 1923 in Siebenbürgen im heutigen Rumänien geboren und zählt zu den bedeutendsten Komponisten der Moderne. In seinem 1951 entstandenen Werk Concerto Romanesc greift er zahlreiche folkloristische Elemente seiner Heimat auf und setzt diese gekonnt in symphonischer viersätziger Konzertform zusammen. Die klassische Harmonielehre beginnt er aufzulösen, setzt scharfe Akzente in der Rhythmik und arbeitet prägnant an den volkstümlichen Melodien. Sung führt das Orchester hier sehr eng, zeigt deutlich die Einsätze und hat in der Vorbereitung erkennbar am Ausdruck des Werkes mit dem Orchester gearbeitet. Sie lässt tänzerische Schwingungen aufkommen aber hält romantische Aufladungen zurück. Die Interpretation bleibt markant, flott und mitreißend in der Melodieführung. Der Konzertmeister zeigt in kurzen Soli Anklänge an zigeunerhaften Motiven.

Noch mehr davon gibt es im folgenden Werk Tzigane von Maurice Ravel, als Konzertrhapsodie für Violine und Orchester tituliert. Anton Barakhovsky, einer der Konzertmeister des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks tritt bravourös als Solist auf und meistert den ausgeprägten anspruchsvollen Solipart mit großer Ausdruckskraft und perfekter Technik.

Nach der Pause entführt Shiyeon Sung mit dem Cellisten Sebastian Klinger im Cellokonzert von György Ligeti in dessen fortgeschrittene Modernität im Kompositionsstil. Das Werk ist gekennzeichnet durch langgezogene Töne, teilweise überlagert, die durch den Strich der Streichinstrumente eine besondere Farbe erreichen. Die Monophonie erreicht in dessen konsequenter Umsetzung auch im Volumen eine eigene in sich ruhende Kraft. Die beiden Sätze sind auch entsprechend tituliert. Viertel=40 und lo stesso tempo – das gleiche Tempo. Die Orchesterbesetzung ist deutlich reduziert. „Alleinsein und Verlorenheit“ setzt der Komponist einen Vergleich für dieses Werk und in der Wirkung kommt er diesem sehr nahe. Der Solist wird wie alle Mitwirkenden in der Beherrschung des Instrumentes gefordert. Der Umgang mit dem Bogen bekommt eine besondere Ausdruckskraft.

Den Abschluß krönt die Ballettmusik „Ma mere l’oye“ von Maurice Ravel in einer gefühlvollen, von impressionistischen Zügen geprägten Interpretation.  Sung schmückt die einzelnen Szenen entsprechend märchenhaft. Klar und gefühlvoll startet das Orchester im Prelude und erzählt in weiterer Folge melancholisch walzerhaft von der schlafenden Schönen im Wald – eine Anlehnung an das Märchen Dornröschen und in der Folge kokett frech vom Däumling . Hoheitsvoll elegant ohne zu schwer zu werden kehren die Musiker zur Kaiserin der Pagoden zurück. Stimmungsvoll und in einer mitreissenden Einheit laufen die Bilder ab, der Zuhörer wird wahrhaft in eine nahezu romantische Klangpracht entführt.

Viel Beifall und Begeisterung in der gut besuchten Isarphilharmonie.

Dr. Helmut Pitsch

 

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