Verbier Festival 2019 Malerisch eingebettet in den Schweizer Westalpen am Fuß des Mont Fort liegt der Ort Verbier, der meist den Wintersportlern mit seinem anspruchsvollem Schigebiet geläufig ist. Aber auch Liebhaber klassischer Musik pilgern mit großer Begeisterung im Sommer in den auf 1400 Metern gelegenen Ort , um große Künstler und jungen vielversprechenden Nachwuchs zu hören. Diese besondere Mischung aus professionellem Kulturbetrieb und ungezwungener Atmosphäre zwischen den Generationen in der stimulierenden Landschaft machen den besonderen Reiz dieses Festivals aus. Prunk und Protz weicht hier Schweizerischer Gediegenheit und Understatement. 1992 gründete Martin Engstroem das Festival und ist bis heute die treibende Kraft und der verantwortliche Direktor. Mit Stolz spricht er bei der Eröffnung über sein Festival Orchester, das ausnahmslos aus jungen Musikern zwischen 20 und 28 Jahren besteht. Dieses Jahr wurden 40 Mitglieder aus 1400 Bewerbern weltweit ausgesucht. 49% des Budgets fließen in die Akademie, die neben der Ausbildung des Festival Orchester zahlreiche Meisterkurse und Konzerte junger Künstler anbietet. Vom 18.Juli bis 3. August findet ein abwechslungsreiches dichtes Programm aus Solo-, Kammer- und Orchesterkonzerten inkl einer konzertanten Opernaufführung statt, unterstützt von zahlreichen Sponsoren und einem aktiven, gut organisierten Freundeskreis. Zum Leidwesen der Organisatoren fehlt noch ein geeigneter Konzertsaal, so wird derzeit in einem eleganten Zelt und der modernen Kirche des Ortes gespielt. Valery Gergiev ist zur Zeit der künstlerische Leiter des Festivals und auch Dirigent des Eröffnungskonzertes am Pult des Verbier Festival Orchesters. Bela Bartoks zweites Violinkonzert steht zu Beginn mit Kristof Barati als Solist. Mit seiner ungarischer Abstammung nähert er sich seinem Landsmann mit Achtung und Respekt, teilen die beiden ein ähnliches Schicksal. Bela Bartok beendete die Komposition kurz vor seiner Emigration nach USA und Kristof Barati wuchs in Venezuela auf. Bartoks Werk zeichnet sich durch eine klassische Sonatenform aus. Im zweiten Satz werden sechs Variationen über ein Thema eingebaut. Gekonnt feilt der junge Violonist auf seiner Stradivari an den rhythmischen Herausforderungen und versteht dabei unaufgeregt weich und harmonisch zu bleiben. Valery Gergiev führt das junge Orchester behutsam, hält sie vor zu grossen Ausbrüchen zurück aber ruft zu wachsamen Tempi und Volumina. Kristof Barati führt die Stimmen elegant, sicher und klar und erhält eine schlanke Dominanz gegenüber dem Orchester. Nahezu romantisch kleidet Valery Gergiev polyphone Orchesterpassagen aus und achtet auf die Herausarbeitung der einzelnen Orchesterstimmen. Umso mehr geschieht dies in der 5. Symphonie von Dmitri Chostakovitch. Das grosse symphonische Werk gewährte Shostakovich die Rückkehr auf das künstlerische Parkett der Stalin Ära, nachdem er mit seiner vierten Symphonie in Ungnade gefallen ist. Er orientiert sich an den grossen Symphonien des ausgehenden 19. Jahrhunderts, sein finaler Triumphmarsch wurde zur Verehrung des Sowjetregimes erklärt, der Künstler selbst bezeichnete es später als Trauermarsch. Die jungen Musiker werden in dem breit angelegtem Werk im Zusammenspiel, in Soli und grossen Gruppierungen gefordert. Themen wandern durch die Instrumentengruppen, werden aufeinander geschachtelt und explodieren nahezu in der Durchführung. Valery Gergiev greift gerne auf russische Komponisten zurück und ist ein ausgesprochener Kenner und Experte in der Interpretation gerade der modernen Komponisten seiner Heimat. Mit viel Gestik fordert er die Musiker, versucht immer weiter Nuancen herauszulocken, nicht immer zu seiner Zufriedenheit. Aber seine durchgehende Anspannung überträgt sich auf das Orchester, das ihm in grösster Aufmerksamkeit folgt. Es gelingt ihm grosser Orchesterklang und die jungen Musiker tragen ihr Bestes mit grosser Freude und Einsatz bei. Es ist beeindruckend wie der junge Klangkörper zu strahlen beginnt und mit welcher Qualität nach nur wenigen Proben die Musiker reüssieren. Mit grossem Beifall und Pfeifkonzert des mit viel Jugend durchmischten Publikums geht die Eröffnung zu Ende und der Weg ist frei für das reichhaltige und vielversprechende Angebot an Konzerten mit Stars wie Daniil Trifonov, Joshua Bell, Daniel Hope oder Thomas Quasthoff, aber auch die Kammerkonzerte junger Formationen. Die Veranstaltungen der Academy bringen die Begegnung mit jungen Künstlern auf ihrem Weg zur Formation. Das Off Festival Unlimited rundet das Programm mit Silent oder Window Konzerten ab, welche ohne grosse Ankündigung spät Abends stattfinden. Und wenn Abstand von Kultur und Musik gefragt ist, gibt es jede Menge Ablenkung in der prachtvollen Natur und Bergwelt rundherum.
23. Juli 2019 | DruckenAgenda
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