Freischütz in München Kapitalistische Amokläufer statt Försterromanze

Xl_a05e2b11-d5ee-4c80-8377-1b79ce989ede © Winfried Hösl

Carl Maria von Weber Der Freischütz Bayerische Staatsoper München 2.12.2021

Freischütz in München Kapitalistische Amokläufer statt Försterromanze

Während des Lockdown hatte die Neuinszenierung des Freischütz von Carl Maria von Weber an der bayerischen Staatsoper im Februar 2021 im Stream Premiere. Nun steht sie auf dem Spielplan, live aber nur für eine pandemiebedingt beschränkte Zuschauerzahl zu erleben.

Ein Zielfernrohr auf eine belebte Straße gerichtet, ein Schuss und ein Mann sinkt zu Boden. Schnell wird der Betrachter mit diesen Bildern durch Dmitri Tcherniakov wachgerüttelt. Der Regisseur verlegt die Försterromanze in einen nüchternen holzgetäfelten Konferenzraum mit einer gesättigten, ja dekadenten Partygesellschaft, deren Unterhaltung im Terror liegt. Dazu liefert der Regisseur zur Ouvertüre über der Bühne plakative Portraitbilder der handelnden Personen. Buchstabe für Buchstabe laufen Textbänder dazu, die Hintergründe zur Vorgeschichte erläuternd. Der schockierende Einfall am Beginn findet wenig Fortsetzung. Der Abend verliert an Spannung. Text und Umsetzung klaffen zu weit auseinander und finden so nicht zusammen. Da helfen auch die bunten eleganten Roben nicht.

Die stark verfremdete Wolfsschlucht bekommt wenig Mystik im Großstadtdschungel. Max in einer Plastikfolie eingewickelt ist der Gefangene des Psychopaten Kaspar. Am Ende liegen Agathe und Kaspar getroffen am Boden – wo ist die Freikugel und das glückliche Ende.

Lothar Koenigs am Pult bleibt ideenlos und schleppt das Orchester und die ausnahmslos guten Sänger durch die Partitur. Pavel Cernoch ist ein verklemmter schüchterner Max mit weichem Tenor, Tomasz Konieczny ein dämonischer Kaspar, Golda Schultz eine selbstbewusste reife Agathe mit glöckchen hellen Sopran und Anna Prohaska eine strenge emanzipierte Ännchen. Balint Szabo spielt den selbstverliebten kapitalistischen Unternehmensboss Kuno mit satter Bassstimme. Georg Zeppenfeld ist wiederum ein distinguierter Eremit im weißen Dinnerjacket, der mit feiner sängerischer Linie die Liebenden zusammenführt

Das großzügig im Zuschauersaal verteilte Publikum applaudiert zufrieden. .

Dr. Helmut Pitsch 

Photo Winfried Hösl

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