Hausdebüt in Neapel Anna Netrebko... und lange nichts

Xl_aida-teatro-di-san-carlo-2022-anna-netrebko1 © G. Romito Teatro San Carlo

Giuseppe Verdi Aida Teatro di San Carlo Neapel 18.2.2022

Anna… und lange nichts

Lange hat das imponierende prächtige Teatro San Carlo, der Musentempel Neapels auf Ihr Hausdebut gewartet. Nun kam sie, sang und siegte. Anna Netrebko nimmt weiterhin eine Ausnahmestellung ein, ist die Diva assoluta. Zum 150. Jubiläum der Uraufführung der Oper Aida von Giuseppe Verdi hat Stéphane Lissner, nunmehr der Intendant des berühmten italienischen Opernhauses sie eingeladen. Trotz vorherigen Ankündigungen, sich eine Auszeit nach all den Corona Auflagen, Tests und Beschränkungen zu nehmen, ist sie zur großen Freude des Publikums für drei Abende gekommen.

Dafür wurde eine in die Jahre gekommene Produktion vom Teatro La Fenice in der Regie von Mauro Bolognini, einem 2001 verstorbenen Filmregisseur in Venedig eingekauft. Viel passiert nicht in dieser vollkommen statischen bunten Inszenierung. Fabio Barettin setzt mit seiner Lichtregie ein paar leuchtende stimmungsvolle Akzente. Spröde Tanzeinlagen mit für Italien ungewohnt viel nackter Haut wirken eher wie ein Schultheater. Die Kostüme von Aldo Buti lasten schwer auf den Schultern des bestens vorbereiteten Chores. Mit Masken schlagen sich die Mitglieder gut, es gelingt feinstes Piano das berührt. So ist jedes Ohr aufmerksam auf die Stimmen ausgerichtet.

Anna Netrebko als Titelheldin begeistert das gespannte Publikum mit ihrer technisch perfekten gefühlvollen Interpretation. Die Töne formt sie locker und klar, intoniert präzise und legt noch Nuancen im Halten des Tones ein. Natürlich leicht führt sie ihre Stimme über geschlossene Melodiebögen in verschiedene Lagen und wechselt Farben in Höhe und Tiefe. Ihr Timbre hat an dunkler Färbung zugenommen. Dies passt zur dramatischen Darstellung mit der sie die zähe Inszenierung zum Leben erweckt. Mehr oder weniger als einzige.

Yusif Eyvazov, ihr Ehemann, steht ihr als ihr Geliebter Held Radames passend gegenüber. Er hat deutlich an Format gewonnen. Tief im Hals sitzt seine kräftige Stimme und kommt dunkel und dumpf. Seine Höhen sind sicher und seine Kraft lässt ihn Töne gehaltvoll lang zu halten. Dies kostet er förmlich aus. Darstellerisch lässt er sich nicht viel einfallen und die Regievorgaben scheinen zu fehlen. Die Verführung in der Nilszene geht auf das Konto seiner Frau.

Ekaterina Gubanova findet im Laufe des Abends zu ihrer Rolle, es fehlt ihrem lyrischen Mezzo aber an dramatischer Stärke und Bösartigkeit als machtbesessene Pharaonentochter, die um ihren Angebetenen Held Radames gegen die Sklavin kämpfen muss.

Franco Vassallo ist ein kämpferischer und durchsetzungsstarker Amoroso. Vollmundig ist seine Stimme und gebieterisch sein Ausdruck als Vater Aidas. Er weiß die Gefühle und den Stolz seiner Tochter zu nehmen. Ramfis bekommt von Nicolas Teste Würde und Macht, Mattia Denti kann dem wenig entgegen stellen. Leider bemüht sich Michelangelo Mazza kaum, dem Geschehen mehr Leben und insbesondere Lebendigkeit einzuhauchen. Er hängt an den Sängern und schleppt das Orchester hörbar hinterher. In wenigen Momenten zieht er die Gestaltung an sich.

Das ausverkaufte Haus spendet viel und lange Beifall am Ende. Die harten Bemühungen und Bitten, Anna Netrebko zur Wiederholung der Nilarie zu bewegen scheiterten aber.

Dr. Helmut Pitsch

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