Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks Herbert Blomstedt München 10.1.2025
Blomstedt begeistert mit dem Bayerischem Rundfunksymphonieorchester und Chor des BR
Mit über 95 Jahren ist Herbert Blomstedt eine Ausnahmeerscheinung am Pult. Aber auch musikalisch bestechen seine Interpretationen mit Frische, Klarheit und Präzision. Über zwei Stunden sitzt er konzentriert lebendig auf seinem Sessel, schlägt unermüdlich den Takt und haltet ständig Kontakt zu den Musikern. Mit dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks hat er zwei anspruchsvolle gegensätzliche Werke für seine Konzerte im Münchner Herkulessaal ausgesucht.
In seiner Psalmensymphonie kehrt Igor Strawinsky zu seinem christlichen Glauben zurück. Das Gott gewidmete dreisätzige Werk für Chor und Orchester gewichtet beide Klangkörper ebenbürtig. Die Bläser sind dominant gegenüber auf Celli und Kontrabässe reduzierte Streicher. Der Kirchengesang mit alttestamentarischen Psalmen, eine der ältesten Liedsammlungen, sind durch starken Einsatz der Schlagzeuge rhythmisch geprägt. Zwischen Kontrapunktik und Homophonie mit markanter symphonischer Prägung ist das monumentale Werk wirkungsvoll. Der Chor des Bayerischen Rundfunks in der Einstudierung von Martin Wright stellt die Komposition mit gut abgestimmten einheitlich klingenden Stimmen sehr eindrucksvoll mit Gefühl für den huldigenden Charakter dar. Herbert Blomstedt fügt die beiden Klangkörper gekonnt zusammen. Er arbeitet an einem klaren zum Teil mystischen Eindruck der Musik, gleichzeitig ist das Werk in seiner Harmonik modern, durch Rhythmik lässt Blomstedt es fließend und im Hörerlebnis sehr eingehend werden.
Ein Auftrag der Stadt Leipzig zum Jubiläum der Erfindung des Buchdrucks veranlasste Felix Mendelssohn Bartholdy zur Kompposition seiner Symphonie Nr 2 B- Dur. Besser passt hier die Qualifizierung als Symphoniekantate, welche von seinem Freund Karl Klingemann stammt, sowie auch die Zuschreibung Lobgesang. Das Werk umfasst in seinem ersten Teil eine viersätzige Symphonie klassischen Musters und im anschließend Part mit Solisten und Chor neun Nummern zu Psalmen und Epistelausschnitten. Nikola Hillebrand hat kurzfristig den Sopranpart übernommen und überzeugt mit ihrer hellen schimmernden Stimme. Ihre glänzende Höhe, immer fein und locker ausgesungen passen bestens zu dem sakralen Charakter. Marie Henriette Reinhold fügt sich mit ihrem lyrischen gut geführten Mezzosopran harmonisch an ihre Seite ein. Nuanciert und mit kräftigen und ausdrucksstarken Tenor erfreut Tilman Lichdi in seinen Soloparts. Wiederum zeigt Blomstedt auch hier den Musikern und Solisten seine Vorstellungen zur Darstellung des Werkes, setzt präzise die Einsätze und achtet auf wohl dosierte Lautstärken. Er verpasst der Symphonie ausgeprägte Romantik. Er läßt die eingänglichen Melodien wunderbar fließen und wechselt in den Sätzen geschickt Stimmungen. Den huldigenden nahezu choralen Charakter des zweiten Teiles des Werkes formiert er zu einem hoheitsvollen sowie demütigenden Preisgesang auf Gläubigkeit und Erlösung.
Jubelstürme im Saal und stehende Ovationen der Anerkennung für alle Beteiligten. Mit sichtlicher Freude nimmt der Dirigent die Anerkennung entgegen und läßt sich mehrmals vom Konzertmeister auf die Bühne führen.
Dr. Helmut Pitsch
13. Januar 2025 | Drucken
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