Hohe Präzision und Musikalität im Bayerischen Staatsorchester

Xl_2._akademiekonzert_2024_e.graf_c_g.schied © Geoffroy Schied

2. Akademiekonzert Bayerisches Staatsorchester Nationaltheater München 26.11.2024

Hohe Präzision und Musikalität im Bayerischen Staatsorchester

1894/95 am Ende seines Aufenthaltes in New York komponierte Antonin Dvorak sein Konzert für Cello und Orchester h Moll op 104, mitunter auch als seine 10. Symphonie bezeichnet. 1896 nach seiner Rückkehr nach Europa wurde es in London uraufgeführt. Es zählt zu den bedeutendsten Werken des böhmischen Komponisten als auch für das Instrument selbst. Das dreisätzige Spätwerk zeigt Dvorak als meisterhaften Schöpfer von Melodien und musikalischen Dialogen zwischen den Instrumentengruppen.

Mit Emmanuel Graf am Soloinstrument stellt sich ein hoch inspirierter Musiker dem Münchner Publikum vor. Sensibel verwandelt er die musikalischen Themen in gefühlvolle Bilder um. Mit perfekter Technik entführt er den reinen vollen Klang seines wunderbaren Instrumentes aus der berühmten Werkstatt Stradivaris in eine gelungen ausbalancierte Klangwelt. Er ist Solocellist des ihm begleitenden Bayerischen Stastsorchester und kennt seine Kollegen. Die Musiker hören aufeinander und mehr, fühlen miteinander. Höchst aufmerksam werden sie von Krzysztof Urbanski am Pult geführt und moderiert. Die vermeintlich eingängigen Melodien, oft aus der Volksmusik entnommen, schweben im Raum und entführen die Zuhörer. Großer herzlicher Jubel entlockt dem symphatischen Bayer mit Schweizer Wurzeln eine Zugabe. Das Lied der Vögel, die unvergessliche Standardzugabe des berühmten Cellisten Pablo Casals. Eine einfache sphärisch ruhige Melodie, die er gemeinsam mit den Cellisten des Orchesters mit durchdringender Klarheit berührend darbietet.

Nach der Pause weicht die emotionale Romantik der, dem Rhythmus verschriebenen Ballettmusik des Exilrussen Igor Strawinsky. Seine Zusammenarbeit mit dem Impressario Sergej Dhiagilev und dessen Ballet Russes ist legandär und für die Musikgeschichte ein zentrales Kapitel der Moderne.

Le Sacre du Printemps - Das Frühlingsopfer wurde 1913 in Paris uraufgeführt, die Reaktion war zwiespältig. Auch als „Bilder aus dem heidnischen Russland“ tituliert, zeigt sich die Musik geprägt von dissonanten Akkorden, stampfende Rhythmen und betörenden Wiederholungen. Immer wieder wechselt die Stimmung abrupt, bewegt sich so spannend dem Höhepunkt zu. Gespielt wird die revidierte Fassung von 1947 in zwei Teilen.

Mit klar geschlagener Präzision, sehr nuanciert interpretierten einzelnen Passagen verwandelt Krzysztof Urbanski die Handlung in einen imaginären spannenden Krimi. Er selbst fühlt sich gepackt in den marternden Rhythmen und beeindruckt neben Taktschlag mit flotten Tanzschritten. Das Orchester zeigt sich in Bestform und ansteckender Spielfreude. Ein Gütesiegel selbst nach über 500 Jahren des Bestehens.

Eine höchst ansprechende Interpretation wird mit langanhaltendem Beifall belohnt.

Dr. Helmut Pitsch

 

 

| Drucken

Mehr

Kommentare

Loading