Orkiestra PFB Polska Filarmonie Baltychka Philharmonie Danzig 29.9.2023
Intim transparent mitreissend die baltische Philharmonie zeigt sich vielseitig in Danzig
In einem 1996 stillgelegten Elektrizitätskraftwerk wurde in sechs jähriger Bauzeit ein 1100 Sitzplätze umfassender Konzertsaal für die Stadt Danzig errichtet. Der majestätische Backsteinbau steht am nördlichen Ende der Speicherinsel sehr zentral gegenüber den prachtvollen Fassaden der Bürger und Patrizierhäuser der ehemals deutschen Handelsstadt. Das kunstvoll renovierte bzw umgebaute neogotische Gebäude ist nun die Heimat der staatlichen baltischen Filharmonie.
Das Orchester wurde 1945 als das Stadtorchester von Sopot, der beliebten Kurstadt an der Ostsee nah an Danzig gegründet und später verstaatlicht. Sie dient heute auch als Opernorchester der Stadt. Die Filharmonie ist ein kulturelles Zentrum der dynamischen Stadt, heute wieder der bedeutendste Hafen Polens und fünftgrößte des Landes. Der Stolz und die Musikbegeisterung der dynamischen Stadt an der Weichselmündung ist spürbar, erfreulich ist der hohe Anteil junger Konzertbesucher.
Der Georgier George Tchitchinadze wirkt bereits seit mehreren Jahren in Polen, sowohl an den Opern als auch in Konzerten. Mit der baltischen Philharmonie besteht ein enges Verhältnis und eine erkennbare Vertrautheit. Mit der jungen Pianistin Kate Liu gelingt eine vielfältige Interpretation von Ludwig van Beethovens drittem Klavierkonzert c moll op 37. Die Amerikanerin chinesischer Abstimmung beginnt mit monumentalen kräftigen Klängen, wechselt im zweiten Satz zu einer weichen, gefühlvollen aber nicht zu rührseligen Ausdrucksweise bevor sie mit akrobatischen Läufen im Finale beeindruckt. Ihre Technik ist ausgeprägt, ihre zarten langen Finger wirken ungefährlich, doch beherrschen sie jede Nuance im Anschlag.
Selten sind Camille Saint Saens Symphonien in Konzertsälen zu hören. Vielmehr werden seine Klavierkonzerte und seine Oper Samson und Delilah aufgeführt. Umfangreich ist sein Schaffen als Komponist, aber auch als Pianist und Organist aber insbesondere als Pädagoge hat er sich zu Lebzeiten einen Ruhm aufgebaut. Seine zweite Symphonie a moll op 55 ist ein Werk der französischen Hochromantik, euphorisch wohlgestimmt, transparent strahlend, tänzerisch locker. Das 1859 entstandene Werk ist kompakt fliessend komponiert mit zum Teil volkstümlichen Motiven. Locker leicht erklingt das konzentrierte, gut einstudierte Spiel und Zusammenspiel im Orchester, mit Akribie und klaren Zeichen führt der Dirigent, der sich durch immer wieder aufheulende Handyklänge leicht aus der Ruhe bringen lässt, aber sachlich bei der Arbeit bleibt.
Zu einem wahren Publikumsliebling trommelt sich der tongebende Musiker im folgenden Klassikhit, Maurice Ravels Bolero. Über zwanzig Minuten sitzt der Trommler versunken, in exaktem Tempo und Schlag führt er das Publikum in ein Zustand der Trance mit seinen laufend wechselnden Begleitern. Gut kann das Publikum, im rechteckigen Saal um das Orchester auf drei Seiten gruppiert, jeden Einsatz jeden Instrumentes verfolgen. Die monotone Wiederholung von Rhythmus und Melodie wirkt betörend verstörend und brachte Zuhörer bei der Uraufführung in Extase. Auch an diesem Abend wird das Publikum mitgerissen und bevor der letzte Ton erklingt wird begeistert geklatscht und aufgesprungen.
Lang ist der Applaus herzlich und dankbar, die Begeisterung ist ehrlich im erfrischend intimen Verhältnis .
Dr. Helmut Pitsch
07. Oktober 2023 | Drucken
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