Johann A. Hasse Demoofonte Zeitreise in Krumau

Xl_2019_09_22_170500_0024_5d_mk_iv © Krumau Barockfestival

Il divino Sassone nannte sich Johann Adolph Hasse, 1699 in Norddeutschland in einer Musikerfamilie geboren, der zu einem bedeutenden barocken Opernkomponisten wurde und auch in Italien, dem Geburtsland der Oper zu grossem Einfluss aufstieg. Eine enge Freundschaft verband ihn mit dem Dichter Pietro Metastasio, dem bedeutendsten Librettisten seiner Zeit. Durch die Hochzeit mit der gefeierten Sängerin Faustina Bordoni entstand ein "power Ehepaar" ohnegleichen in der musikalischen Welt des ausgehenden Barock. Venedig, Dresden, London, Paris und Wien waren ihre Wirkungsstätten, an allen europäischen Höfen wurden seine zahlreichen Opern aufgeführt. Er verschrieb sich zeit lebens der klassischen Form der Barockoper mit Rezitativen und Arien. Von vom Orchester begleiteten Rezitativen machte er selten Gebrauch. Seine Arien entsprechen der Da capo Form. Gefühlsbetonte weiche elegische Arien dominieren gegenüber dramatischen Ausbrüchen. Dabei kleidet er wirkungsvoll mit der Orchesterbegleitung die Gefühlsskala aus, und füllt die zahlreichen Wiederholungen mit harmonischen Steigerungen. Nur spätere Werke kennen ein Duett oder Choreinlagen, meist am Ende mit belehrender Aussage, wenn sich die Solisten zu einem Tutti vereinen.

 

Antike Stoffe dominierten die Handlung der barocken Oper. So auch in Demofoonte, 1733 in Wien uraufgeführt. Mit mehr als 70 Vertonungen ist diese eine seiner meist aufgeführten Opern. Demofoonte, der König von Thrakien beabsichtigt seinen Sohn Timantes mit Creusa, einer phrygischen Prinzessin zu verheiraten. Doch Timantes hat bereits Dircea, eine am Hof lebende Schönheit geehelicht. Wie üblich führen viele Handlungsstränge zum glücklichen Ende. Davor werden aber noch einige Verwicklungen aufgelöst. Timantes ist doch kein Sohn und Thronfolger Demofoontes, Dircea ist aber eine Tochter Demofoontes und somit von königlichen Blut und der Verbindung steht nichts im Weg. Creusa heiratet Cherinto, ebenfalls Sohn Demofoontes.

 

Ein wahrlich barockes Werk ganz im Stile seiner Zeit. So passt es natürlich wie angegossen in das barocke Theater von Schloss Krumau, ein architektonisches Juwel, das in seinem Originalzustand bestens erhalten geblieben ist. Einmal jährlich finden hier im Rahmen der liebevoll organisierten Barockfestspiele Opernaufführungen statt. Die Organisatoren versuchen authentische Aufführungen inklusive Feuerwerk zu gestalten. Opulent aus wertvollen Stoffen sind die Kostüme von Marketa Stormova gestaltet, Perücken und Kopfbedeckungen sind dem Stil der Zeit entnommen. Die Personenregie ist statisch auf ein paar sich immer wiederholende Handbewegungen reduziert. Während der Arien verharren andere Darsteller in einer bewegungslosen Starre auf der Bühne. Die Originalbühnenbilder mit sich perspektivisch nach hinten verjüngender Bühne sind noch erhalten und können je nach Schauplatz eingeschoben werden. So wird die Bühne zum barocken Prachtsaal, Vorhof oder Garten mit Wasserspielen. Die Zuschauer sitzen auf Holzbänken, die nach hinten leicht ansteigen. Auf dem Balkon gibt es die prunkvolle Fürstenlogen für die ursprünglichen Eigentümer, das Adelsgeschlecht der Schwarzenberg. Heute nehmen dort die Sponsoren Platz. Im schmalen Orchestergraben sitzen die Hof Musici auf Originalinstrumenten Spielend. Auch hier wieder authentisch nehmen die Musiker in roten barocken Dieneruniformen und weissen Perücken gegenüber sitzend auf Bänken Platz, ein grosser langer Notenständer in der Mitte. An beiden Seiten schliessen die Reihe Cembalos ab. Mit Kerzenlicht werden die Noten angeleuchtet. So kehrt stimmungsvolle Neugierde ins ausverkaufte Haus.

 

Der musikalische Leiter des Abends Ondrej Macek gibt vom Cembalo aus die Einsätze, die Konzertmeisterin Danuta Zawarda führt stehend das Orchester an. Gemächlich findet der weiche barocke Geigenklang zu einem Gesamtbild zusammen, die Blasinstrumente führen die Eingangsmelodie an. Schlicht baut Johann Adolf Hasse die Harmonien auf, der Orchesterpart steht bei ihm hinter den Sänger, aber Schwung und Frische, sowie Farbe kommt von den Instrumenten. Der bemalte Stoffvorhang rollt sich auf und gibt den Blick auf die hell erleuchtete Bühne frei. Jana Kuzelova und Veronika Mrackova als Dircea und Matusio eröffnen. Beide stammen wie das gesamte Sängerensemble aus Tschechien und haben sich auf barocke Gesangsinterpretation spezialisiert und auch bereits an Produktionen in Krumau mitgewirkt. Hell klingt Jana Kuzelovas Sopran und spannt sich breit, in den Koloraturen verschwimmen die Konturen. Veronika Mrackova braucht Zeit um ihrer Stimme Farbe und Sicherheit zu geben. Ihr Mezzo gleitet schwer in den Läufen und Koloraturen, färbt aber passend weich und dunkel zur Hosenrolle. Zu den beiden stösst Timante, überzeugend dargestellt von Monika Jägerova. Aussergewöhnlich, ins mystische geht der Klang ihres Alt. Fest sitzt die Stimme in der Tiefe, bleibt klar und verständlich ohne Bruch kann sie über mehrere Register ihre Koloraturen spielerisch gestalten. Eine bestens ausgebildete Stimme für die anspruchsvollen Barockpartien. Diese Kraft und Leichtigkeit fehlt Richard Tamas in der Titelrolle. Der Tenor singt die Partie sicher aber gibt Demofoonte zu wenig Strahlkraft. Überzeugend wiederum das Paar Creusa und Cherinto, mit Eva Benett und Dora Rubart Pavlikova. Ihr Sopran und der Mezzosopran in der Hosenrolle fügen sich im Ausdruck und Gehalt wohlklingend zusammen, beide verfügen über eine gute Stimmtechnik und klare Intonation in den Koloraturen. Die hervorragende Ensembleleistung schliesst der Bassbariton Ivo Michl als Adastro ab. Ein begeistertes Publikum spendet am Ende viel Beifall bevor die barocke Welt wieder verlischt und die Kerzen ausgeblasen wird. Stimmungsvoll beendet der Blick vom Schloss auf die wenigen Lichter in der mittelalterlichen Stadt an der "krummen" Moldauschleife den aussergewöhnlichen Ausflug in die Vergangenheit.

 

 

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