© Winfried Hösl
Immer wieder begeistert die mittlerweile in die Jahre gekommene Inszenierung des Rosenkavalier von Richard Strauss in München. Im prächtigen realistischen Bühnenbild Jürgen Roses erblüht das Wiener Adelsambiente. Blumentapete, Rokokomöbel und Seidenbett im ersten Akt, eine originalgetreue Nachbildung von Schoss Amalienburg im zweiten Akt und das zwielichtige Praterbeisl im dritten Akt ziehen das Publikum magisch an, Szenenapplaus inklusive. Die kostbaren Kostüme vollenden die filmreife Athmosphäre. Otto Schenk hat mit seinen Regieeinfällen den Ablauf unterhaltsam und echt gestaltet. Schön, dass so gelungene Inszenierungen am Spielplan bleiben und sind für das traditionelle Publikum Kult.
Kyrill Petrenko gilt als Strauss Spezialist und seine raren Auftritte in München füllen das Haus schnell. So schrauben sich die Erwartungen an diese Aufführungen von Werken des grossen bayerischen Opernkomponisten schon im Vorfeld hoch und die Spannung knistert im Haus. In der aktuellen Wiederaufnahme hat Adrianne Pieczonka die Rolle der Marschallin übernommen und schafft es ihre persönliche Note neben einem klaren, feinen silbrigen Gesang in der Interpretation zu setzen. Menschlich, herzlich offen und volksnah, aber doch auf edle Contenance bedacht ist sie eine schwungvolle lebensbejahende Fürstin in den besten Jahren. Zu recht zieht sie die Gefühle des jugendlichen ungestümen Octavian an, den Angela Brower mittlerweile vorbildhaft darstellt. Ihre Stimme sitzt fest, geniesst eine dunkle und kräftige knabenhafte Färbung mit weichen frische Höhen. Lässig verfällt sie in die Rolle der Marianndl und bemächtigt sich auch dem Wiener Dialekt. Der Brite Peter Rose ist auf die Rolle des deftigen Ochs von Lerchenau auf den meisten Bühnen programmiert und ist immer eine sichere Besetzung. Markus Eiche hat ebenfalls die Rolle des Herrn von Faninal verinnerlicht. Anna Prohaska ist kurzfristig für die erkrankte Hanna Elisabeth Müller eingesprungen und zeichnet eine feine Adelstochter und vereint sich stimmlich schön in der Färbung mit Angela Brower. Das berühmte Duett im letzten Bild gelingt den beiden vollendet unter der fürsorglichen Anleitung vom Pult. Dort agiert ruhig und souverän Kirill Petrenko und lässt seine Musiker zu Höchstform auflaufen. Streicher, Bläser, Pauken aus allen Winkeln im eng besetzten Orchestergraben kommen perfekte Einsätze, reif ausmusizierte Dialoge mit den Sängern, romantische Klangentladungen und kammermusikalisch pointierte Darstellungen der verschiedenen Motive und so wienerisch echten Walzerfragmenten. Und so gelingt auch an diesem Abend wieder das Meisterstück, trotz der hohen Erwartungen einen erfüllten mitreissenden nahezu kosmischen Opernabend zu kreieren. Das Publikum applaudiert enthusiastisch..
Helmut Pitsch19. März 2018
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