Klares und sinniges Regiekonzept für Innsbrucks neuen Rosenkavalier

Xl_593f049c-b6e1-4267-8ede-f16e05a46015 © Birgit Gufler

Richard Strauss Der Rosenkavalier Tiroler Landestheater 12.1.2025

Klares und sinniges Regiekonzept für Innsbrucks neuen Rosenkavalier

Spieglein Spieglein, einen Spiegel hält Hugo von Hoffmansthal der Gesellschaft in seinem phantastischen Libretto zu Richard Strauss Musik im Rosenkavalier vor. Es ist eine wahre Melange literarischer Vorlagen aus Frankreich, die er in ein Miniaturwien zum Fin de siecle auf die Bühne zaubert. Diesen Spiegel setzt grossflächig Paul Zoller in seinem Bühnenbild am Innsbrucker Landestheater um. Jasmina Hadziahmetovic Ist die Regisseurin dieser gelungenen Neuinszenierung, die die Vergänglichkeit und die Moral der Gesellschaft in starke Bilder mit einer lebendigen aber gut ausbalancierten intelligenten Personenregie in Szene setzt. Zum Vorspiel ein Spiegelgang in dem der Diener Mohammed als kindlicher barocker Engel mit Flügeln die samtene Schatulle mit der Rose findet. Als kleines Dreieck verbleibt das Baudoir der Feldmarschallin, nur eine Chaiselongue als Mobiliar auf dem sich intim das Liebespaar vergnügt. Wenig pompös ist die Szene der Besucher, der Sänger nähert sich in barocker Pracht. Das zentrale Thema der Vergänglichkeit wird plastisch in den Kostümen von Mechtild Feuerstein. Barocker Kleiderstil weicht der Moderne. Faninal im blauen Anzug, die Amme Leitzmetzerin im engen schwarzen. Sophia im kurzen Brautkleid mit Schleppe und Schleier. Nur für Baron Ochs und Octavian ist die Zeit im Barock stehen geblieben, das Gestern ins Heute gebracht. Das prachtvolle Stadtpalais am textilen Bühnenhintergrund gemalt, zerfällt wahrlich mit dem Siittenverfall und die Gesellschaft findet sich in den Spiegeln wieder.

Dunkel und wahrlich schräg ist der Heurige im Prater, ein kleiner Raum ist angedeutet. Wie am Jahrmarkt werden exotische Tiere hereingeschoben und dunkel gekleidetet spaziert die vergnügte Gesellschaft vorbei. Jasmina Hadziahmetovic bringt viel unter auf der Bühne und in dem kleinen Gastraum, aber die Handlung bleibt klar und die Protagonisten haben Raum. Baron Ochs verlässt das muntere Treiben und auf der leeren Bühne finden sich die Spiegelwände wieder, Octavian und Sophie in reinem jugendlichen weiß. Am Ende überreicht Mohammed der Feldmarschallin die Rose, das Sinnbild der Liebe als Zeichen der Fortsetzung?.

Das Ineinanderfliessen der Epochen findet sich auch musikalisch wieder. Walzerklänge, spätromantische Symphonik wie auch Wiener Klassik treffen sich in der Partitur wieder, aber alles zusammengefügt ist die Komposition hochmodern, charmant zeitgenössisch verpackt. Meisterhaft bindet Strauss die Stimmen ein, koloriert die Sprechgesänge und kleidet wunderbare Melodien in seinen herausfordernden Duetten. Markus Bosch steht als erfahrener Opern- und Gastdirigent am Pult des Tiroler Symphonieorchester Innsbruck. Bestens vorbereitet und nach mehreren Vorstellungen bereits gut eingespielt folgen die Musiker seinem routinierten Anweisungen. Farbenreich ist die süffige Klangwelt aus dem Graben, die Walzerklänge animieren, die breiten Melodiebögen ziehen in den Bann, mitunter wird auch kräftig, die Sänger fordernd aufgespielt.

Susanne Langbein ist eine kühle blonde Feldmarschallin, die mit den Gefühlen des jungen Octavian spielt aber aufmerksam die Zügel in der Hand hat. Sie ist ein emotional gefasste Edelfrau, ihres Standes bewusst aber wirkt unglücklich, der Zeit und Vergänglichkeit ausgeliefert, Überzeugend ehrlich wirkt sie in ihrem Monolog über die Zeit. Ihr Sopran ist dunkel, erreicht leicht die Höhen, bleibt in der Mittellage aber ausdruckslos.

Bernarda Klinar ist ein aufrechter etwas tölpelhafter Octavian. Schön ist ihre stimmliche Färbung, die sich gut von den anderen Protagonistinnen unterscheidet. Fein und klar intoniert sie gut verständlich in allen Lagen. Auch darstellerisch ist ihr Octavian sehr gelungen. Johannes Maria Wimmer ist ein standhafter Baron, der seinen Reputations- und Standesverlust zu kachieren weiss und angenehm zurückhaltend auftritt, gegenüber manch anderen Darstellern in der Rolle. Sein Ochs ist ein abgetakelter Edelmann, der seine letzte Würde halten will. Stimmlich überzeugt er mit wohlintonierten Bass, der auch in der Tiefe durchdringt. Dialektisch zeigt er manch Wienerisches gelungen. Ist die Feldmarschallin zwar die Hauptperson nimmt er mit seiner schauspielerischen Leistung viel Raum an diesem Abend ein. Annina Wachter ist eine reife, sehr weibliche Sophie. Keine jungfräuliche Tochter sondern eine resolute Persönlichkeit, die Octavian schnell für sich einnimmt. Ihr Sopran ist hell und klar, passt auch ohne jugendliche Frische in das Ensemble und in feinen Piani erfreut sie im fialen Dialog. Erwin Belakowitsch ist ein klobiger Baron Faninal, der von Tabletten gedopt und überdreht wirkt. Jennifer Maines ist eine schrille Leitzmetzerin, die emsig im Haushalt agiert. Timothy Richards ist ein nobler Sänger, der seine Arie mit Insbrunst und guter Höhe vorträgt.

Viel Beifall im gut besuchtem Haus. Es ist zu hoffen, dass das Tiroler Landestheater mit erfolgreichen Produktionen wieder nach den internen Konflikten Tritt fasst.und Ruhe einkehrt.

Dr. Helmut Pitsch

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