Richard Wagner Lohengrin Staatstheater Meiningen 30.3.2024
Klein aber fein - Meiningen überzeugt mit famosen Lohengrin
Meiningen ist der Entstehungsort der modernen Aufführungspraxis im Theaterbetrieb. Herzog Georg II engagierte sich persönlich als Intendant und Erneuerer einer werktreuen Inszenierung. Ab 1870 feierte sein Hoftheater große Erfolge auf Tourneen durch ganz Europa und verbreitete dessen neue künstlerischen Prinzipien. Auch Richard Wagner weilte selbst in der mitteldeutschen Stadt. Seine Frau Cosima war eine enge Freundin der Herzogin, ihr erster Ehemann Hans von Bülow äußerst erfolgreicher Dirigent und Generalmusikdirektor der Hofkapelle Meiningen.
Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht in der thüringischen Kleinstadt ein prachtvolles Theater mit drei Spartenbetrieb und ein qualitätsvolles Orchester vorzufinden. Aus 2022 unter der Regie des ehemaligen Intendanten Ansgar Haag stammt die bildreiche Inszenierung von Richard Wagners Lohengrin. Im Halbrund ist der Bühnenhintergrund mit einer romantischen Küstenlandschaft bemalt. Davor bewegen sich die Wände eines Palastes sowie dessen mächtiges Eingangsportal. Zur Schlafzimmerszene hängt Alfred Böcklins Gemälde Eine Toteninsel, durchscheinend sind die lauschenden Brabanter erkennbar.
Mitunter ist die Personenregie hölzern, störend ist das Sesselrücken zur intimen Musik der Ouvertüre wie auch das Herumklettern auf einer umgestürzten Eiche mitten im Palast. Dafür liefert der neue Generalmusikdirektor Killian Farrell eine wohl durchdachte, ungemein schwungvolle und spannende musikalische Ausgestaltung aus dem Graben. Es entsteht eine klare, durchhörbare Klangwelt wohl abgestimmt auf die Sänger. Beeindruckend ist die Souveränität des jungen Dirigenten mit der Komplexität der Partitur. Aus dem nichts in feinsten Pianissimo zu Beginn entwickelt er mit dem Orchester gehaltvolle Steigerungen und erzählt in transparent gehaltenen Motiven die Geschichte.
Das junge Sängerensemble beeindruckt auf höchs Niveau. Magnus Vigilius ist ein jugendlicher Heldentenor mit einer gut timbrierten hellen Stimme mit sicheren silbrigen Höhen, einer warmen Klangfarbe in der Mittellage und geschmeidigen Tiefen. Seit 2016 tritt er im deutschen Fach auf und ist bereits ein gefeierter Wolfram und auch Siegfried.
Mit ihrem farbenreichen sehr flexiblen Jugendlich dramatischen Sopran liefert Lena Kutzner eine ausdrucksstarke Elsa, die sehr selbstbewusst agiert und in Vorbereitung der ersten Liebesnacht sympathisch unerfahren die Nervöse spielt. Durchtrieben böse kann Tamta Tarielashvili mit roter Mähne die Widersacherin Ortrud gestalten. Sie ist die zentrale Figur für den Handlungsablauf und spinnt gekonnt die Intrige, die zum Unheil führt. Ihr Mezzosopran hat die richtige Färbung und bleibt auch in den gewagten Tonsprüngen gut verständlich. Ihrem Ehemann Telramund gibt Shin Taniguchi ein gutes Profil im Spiel und Gesang. Tomasz Wija ist ein durchdringender Heerrufer, während Selcuk Hakan Tirasoglu als König Heinrich indisponiert wirkt, wenn ihm weder Höhen noch Tiefen gelingen, in der Mittellage dröhnt er zumeist mit Druck. Die bravouröse Leistung des Chores trägt wesentlich zum Erfolg der Aufführung bei.
Große Begeisterung und stehende Ovationen im ausverkauften Haus. Die Qualität der Aufführung beweist einmal mehr, dass auch an kleineren Häusern ein sehr hohes Niveau dargeboten wird. Es lohnt sich auch hier die Spielpläne zu verfolgen.
Dr. Helmut Pitsch
01. April 2024 | Drucken
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