Mieczyslaw Weinberg Lady Magnesia Bayerische Staatsoper/ Brainlab 27.11.2024
Lady Magnesia - Ein etwas anderer spannender Opernabend in München
Das Leben des polnischen Komponisten Mieczyslaw Weinberg ist geprägt von seiner jüdischen Abstimmung in einer Musiker- und Theaterfamilie. Als Wunderkind erwartete ihn eine vielversprechende Laufbahn, die mit dem Ausbruch des Krieges und der nationalsozialistischen Verfolgung endete. Er floh nach Minsk und weiter nach Moskau. Verfolgungen durch das stalinistische Regime schränken wiederum seine künstlerische Entwicklung und Anerkennung ein. Eine enge Freundschaft verband ihn mit Dmitri Schostakowitsch, der öfters auch als sein Lehrer gehandelt wird. Seine letzten Jahre verbrachte er in St Petersburg, wo er 1996 verstarb. Spät wurde die Bedeutung und die Qualität seines umfangreichen Schaffens wiederentdeckt. Neben Kammermusik verfasste er in späteren Jahren 22 Symphonien und 6 Opern. Nach der vielbeachteten Wiederaufführung seiner Oper Die Passagierin bei den Bregenzer Festspielen 2010 hat diese einen internationalen Siegeszug angetreten. In der letzten Saison gab es auch eine Neuinszenierung an der Bayerischen Staatsoper. Seine Oper Der Spieler wurde diesen Sommer bei den Salzburger Festspielen gefeiert.
Im Rahmen eines Kunstprojektes der Bayerischen Staatsoper mit der Medtec Firma Brainlab erfolgte im Frühjahr eine szenische Aufführung seines Einakters Lady Magnesia. Auf Grund des großen Erfolges wird in der aktuellen Spielzeit eine Wiederholungszyklus im Foyer der Firmenzentrale gegeben. Der architektonisch klar strukturierte großzügige in weiß gehaltene Bau liefert ein passendes Ambiente der surrealen Handlung. Das Libretto verfasste Weinberg selbst, auch als Übersetzung der englischen Vorlage von Georg Bernhard ShawS Farce Passion, Poison and Petrifaction aus 1905. Die Geschichte vom aufgebrachten Ehemann, der seine Frau aufgrund eines vermeintlichen Verhältnisses mit dem Diener mit einem Degen ermorden will, aber am Ende den Diener mit Sodawasser vergiftet ist eine beissende Satire auf die englische Gesellschaft. Vermutlich wollte auch der verfolgte Weinberg 1975 mit der Vertonung ebenso Kritik äußern an den schwierigen politischen und gesellschaftlichen Verhältnissen in Russland üben..
Die Regisseurin Theresa Maria Schlichtherle setzt auf das Surreale des Geschehens auf, verpackt den Mord durch Gift in die Frage " was ist das Wesen des Lachen".. Blütenweiß sind die Kostüme der vier Protagonisten, auf der Rückseite sind die Worte aufgemalt "Is this funny?". Dem Absurden wird durch die übertriebene Heiterkeit im Spiel ein Stempel aufgedrückt. Die lebendige Personenregie von Schlichtherle ist geprägt von schemenhaften Bewegungen einer Pantomime. Über der Bühne ergänzen Videoprojektionen die Handlung.
Die Musik Weinbergs ist vielfältig und zitiert viele Epochen oder Genres von Walzer, Jazz, Tarantella, Moderne bis Barock als Begleitung zu einem vorgetragenen Sonett von Shakespeare am Ende. Bizarre Akkorde und Harmonien prägen zusätzlich den satirischen Charakter. Armando Merino führt ein Kammerorchester aus Mitgliedern des Bayerischen Staatsorchesters. Breit ist die Instrumentalisierung von Streicher, Bläsern, Schlagzeug hinzu E Gitarre und Harmonium. Phasettenreich ist die Klangwelt, die die Musiker mit viel Gespür aufbauen.
Simeon Esper ist ein eleganter Lord Fitztollemache, der eher tölpelhaft seiner Gattin gegenübertritt. Diese transportiert Siobhan Stagg als herablassend gelangweilte Lady Magnesia. Natalie Lewis kann als Phylys, Lady Magnesia Zofe, herzhaft Lachen und unschuldig spielen. John Brancy ist ein ausdrucksstarker präsenter Diener Adolphus..
Sängerisch ist die Partitur weitestgehend im Sprechgesang gehalten, der sich nur wenig melodiehaft bewegt. Die Herausforderung ist hier Farbe ind Nuance zu setzen und Dramatik zu unterdrücken. Die vier Künstler agieren stimmlich sehr harmonisch und aufeinander eingehend.
Ein außergewöhnlicher und beeindruckender Opernabend, der die Vielseitigkeit und Lebendigkeit des Genre dokumentiert. Ein gelungenes Kunstprojekt, das Akzente setzt und nach Fortsetzung ruft.
Viel Beifall im vollen Haus.
Dr. Helmut Pitsch
29. November 2024 | Drucken
Kommentare