Las Palmas de Gran Canaria: LA BOHÈME – NI am 16. März 2024
Veristisch einnehmendes story telling
Zum Puccini-Jahr 2024 spielen natürlich auch die Amigos Canarios de la Ópera – ACO an der Ópera de Las Palmas de Gran Canaria Alfredo Kraus ein Stück des großen Italieners, „La Bohème“, in Koproduktion mit dem Teatro Verdi de Trieste. Die ACO spielen am ehrwürdigen und vor kurzem herrlich renovierten Teatro Pérez Galdós die mittlerweile 57. Temporada und leisten bisher unter ihrem Direktor D. Ulises Jaén ganz ausgezeichnete Arbeit mit in der Regel hochkarätigen Besetzungen.
Und so war es auch diesmal wieder. Carlo Antonio de Lucia zeichnete für Regie und Bühnenbild verantwortlich mit Kostümen von Claudio Martín und der Lichtregie von Rodrigo Ortega. Das leading team inszenierte diese „Bohème“ traditionell, aber doch immer wieder mit aktuellen Referenzen, wie den Blick aus der Mansarde auf das Paris von Heute mit Eiffelturm oder zwei seitlich angeordneten klassischen Litfaßsäulen des Pariser Boulevards. Aber es war gutes und dem veristischen Werk völlig gerecht werdendes story telling.
Die musikalische Leitung lag in den bewährten Händen von José Miguel Pérez-Sierra, der dem Philharmonischen Orchester von Gran Canaria auch einnehmende veristische Takte entlockte. Hier stimmte es immer zwischen Bühne und Graben mit bisweilen großer musikalischer Emotion.
Der international bekannte Tenor Arturo Chacón-Cruz aus Mexiko gestaltete den Rodolfo absolut sicher mit authentischer Gestik und Mimik und sang ihn eindrucksvoll mit seinem kernigen Spinto-Tenor. Da gab es eine ganze Reihe von emotionalen Momenten. In der Art seiner Darstellung erinnerte er bisweilen etwas an Vittorio Grigolo. Sehr gut mit ihm harmonierend gab die ebenfalls international agierende Italienerin Claudia Pavone eine sehr gute Mimi. Zu Beginn noch etwas zurückhaltend, blühte sie im 3. Akt mit „Senza rancor“ voll auf und wuchs im 4. Akt stimmlich noch einmal über sich hinaus, was mit ihrer sehr authentisch vorgetragenen Emotionalität und großer Musikalität ein Erlebnis war. Alle weiteren, und natürlich kleineren Rollen, waren wie immer in Gran Canaria sehr gut besetzt. Die Valencianerin Isabel Rey als Musetta ist für diese Rolle vielleicht schon ein bisschen in die Jahre gekommen, auch mit etwas scharfen Höhen. Aber sie machte ihre Sache schauspielerisch bestens und gestaltete so ein adäquates Rollenprofil. Mit einem sehr wohlklingenden Bariton nahm Alessandro Luongo als Marcello für sich ein, der die Rolle, gerade auch im Zusammenspiel mit Musetta, sehr engagiert verkörperte. Der junge Fernando Campero, in der kürzlichen „Tosca“ hier noch ein sehr guter Sciarrone, sang und spielte einen beeindruckenden Schaunard mit Rollendebut. Vittorio de Campo brachte für den Colline einen klangvollen Bass mit und konnte das Publikum mit der Mantelarie für sich begeistern. Die kleinen Nebenrollen wurden von Isaac Galán (Alcindoro/Benoït), Francisco Navarro (Parpignol) und Max Hochmuth (Sergeant mit Rollendebut) gesungen. Olga Santana hatte wie immer am Pérez Galdós den Chor des Opernfestivals gut einstudiert, der auch ansprechend choreographiert wurde. Marcela Garrón war für den ebenfalls gut präparierten Kinderchor des Opernfestivals von Gran Canaria zuständig.
Nun kommen im April noch „Il matrimonio segreto“, im Mai „Roberto Devereux” und im Juni „Nabucco“, alle mit jeweils drei Aufführungen. Dann ist die 57. Saison der ACO in Gran Canaria zu Ende. Man darf sich schon auf die 58. freuen…
Dr. Klaus Billand
28. März 2024 | Drucken
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