Lech Classics - Ganz große Musik mit Starbesetzung

Xl_lech_classic_2023_lzt_by_dietmar_hurnaus_135__002_ © Dietmar Hurnaus

LECH AM ARLBERG: 11. LECH CLASSIC FESTIVAL - 31. Juli 2023

Ganz große Musik mit Starbesetzung

Das Festival steht unter dem Motto „Opulenter Musikgenuss zum Abschied“, denn man spielt dieses Jahr zum letzten Mal im Konzertsaal im Sportpark. Im kommenden Jahr wird das mittlerweile zu einem Fixpunkt des Lecher Kulturlebens gewordene Classic Festival dann im neuen Veranstaltungssaal des neu erbauten Gemeindezentrums stattfinden, worauf man sich hier schon sehr freut.

Bescheiden nannte man das erste Konzert „Eröffnungskonzert“. Die Bezeichnung „Galakonzert“ wäre da sicher passender gewesen. Denn was die weltbekannte finnische Sopranistin Camilla Nylund und der slowakische  Geiger Dalibor Karvay unter der äußerst feinfühligen Stabführung des Japaners Tetsuro Ban mit dem Lech Festival Orchester an diesem Abend aufführten, ist sicher mit dem Prädikat „Gala“ besser umschrieben.

Es begann mit dem „Adagietto“ aus der Sinfonie Nr. 5 cis-moll von Gustav Mahler, ein reines Streicher-Stück mit Harfe. Schon die ersten zarten Harfenklänge waren geeignet, das Publikum zu verzaubern. Die ungewöhnlich gefühlvolle Dirigierweise von Tetsuro Ban verstärkte diesen Eindruck nicht nur musikalisch sondern auch visuell. Er wusste die nahezu depressive Melancholie des „Adagietto“ auf feinste Art und Weise zu interpretieren, welches ja auch im Film „Tod von Venedig“ von Luchino Visconti seine Unsterblichkeit manifestierte, bisweilen auch als die berühmteste Komposition von Mahler bezeichnet. Am Schluss hielt der Dirigent etwa 10 Sekunden inne und verlieh dem auratischen Moment so noch größere Wirkung.

Dann kam Camilla Nylund mit der letzten Komposition von Richard Strauss „Vier letzte Lieder“ op. 150, zu deren Komposition ihn sein Sohn Franz unter den finanziell schwierigen Lebensumständen der Nachkriegszeit bewegte. Camilla Nylund interpretierte dieses künstlerische Vermächtnis des großen Komponisten mit einer solchen emotionalen Intensität, einer Verinnerlichung und dabei mit einer exzellenten Technik ihres wunderschönen und perfekt geführten Soprans, dass zumindest für mich die Welt einen Moment stillzustehen schien.

In „Frühling“ ließ sie die Kontemplation hören, die diesen ersten Satz auszeichnet. In „September“ führte sie herrliche klangliche Variationen bei feinster Intonation vor. In „Beim Schlafengehen“ war die Nachdenklichkeit in ihrem Vortrag zu hören, und hier ließ sie besonders ihre leuchtenden Höhen erklingen. In diesem Satz zeichnete sich auch die Konzertmeisterin Kristina Šuklar mit einem herrlich musizierten Violin-Solo aus. Nylund dankte es ihr mit einem vertrauensvollen Blick! Im letzten Satz, dem „Abendrot“ erklang im Orchester die Schwere des Endes eines erfüllten langen Lebens (von Richard Stauss). Die Gedanken kreisen um seine großen Opern und Orchesterstücke.

Die Interpretation dieser Momente zeigte Camilla Nylund auf dem Zenit ihrer Kunst, man kann es kaum anders sagen. Herrlich, wie Tetsuro Ban dann die Trost bietende und die düstere finale Stimmung des letzten Satzes aufhellende Schwalbe in der Flöte betont. Das war ganz große Musik!!

Darauf folgte das „Konzert für Violine und Orchester Nr. 2 d-moll op. 22 des polnischen Komponisten Henryk Wieniawski (1835-1880), der als der größte Geiger seiner Zeit galt und großen Einfluss auf Technik und Spielweise der Violine bis in die Gegenwart nahm. Dalibor Karvay, der schon vor zwei Jahren beim Lech Classic Festival eine herausragende Rolle spielte, interpretierte den Violin-Part mit enormer Virtuosität und äußert facettenreich mit seiner engagierten Spielweise. Stets erzielte er in seinem Vortrag hohe Synergie mit dem Lech Festival Orchester.

Zum  Abschluss ließ das Orchester noch „Les Préludes“, Sinfonische Dichtung Nr. 3, S. 97 von Franz Liszt mit der ganzen Spannung und Dramatik dieses Stücks erklingen. Hier konnte das Lech Festival Orchester zeigen, zu welcher klanglichen Intensität es auch fähig ist. Natürlich erinnerte man sich sofort an den Missbrauch dieses Stücks durch die Nazis, die damit die Meldungen an der Ostfront verbanden, weshalb es im Volksmund auch „Russlandfanfare“ genannt wurde. Das machte es im Zusammenhang mit den anderen Teilen des Konzerts vielleicht nicht zu einem ganz idealen Programmpunkt.

Klaus Billand 

 

| Drucken

Mehr

Kommentare

Loading