Lukas Sternath Erntedank Tiroler Festspiele 6.10.2023
Ein poetischer Erzähler mit Tasten
Mit gerade 22 Jahren hat sich der junge Wiener Lukas Sternath bereits eine Reputation für außergewöhnliche Interpretationen als Pianist erspielt. Seine erste musikalische Ausbildung erhielt er als Wiener Sängerknabe, und am Klavier an der Universität für Musik in seiner Heimatstadt. Zur Zeit studiert er an der Hochschule für Musik in Hannover bei Igor Levit.
2022 gewann er gleich mehrere Preis beim renommierten ARD Musikwettbewerb. Eine internationale Karriere ist vorgezeichnet.
Nunmehr zeigt er sein Ausnahmetalent bei den Tiroler Festspielen in Erl. Dazu hat er sich ein erlesenes Programm höchster Anforderungen ausgesucht. Eingangs begeistert er mit Robert Schumanns Fantasie C Dur op 17. Das Werk entstand 1838 und ist dem großen Pianisten Franz Liszt gewidmet. Ihr ist ein Motto vorangestellt, der Schluss des Geduchtes "Durch alle Töne tönet" von Friedrich Schlegel. Darüberhinaus gibt der Komponist in den Satzbezeichnungen wesentliche Hinweise an die Interpreten, die einen leidenschaftlichen und bewegten Vortrag hervorrufen. Dies zeigt Sternath überzeugende Technik, die er mit einem ausdruckstarken Spiel nahezu perfekt zusammenführt. Im Anschlag versteht er jeden Finger eine hörbar persönlichen Note zu geben, geriert so ein Feuerwerk von Tönen und Klängen ohne auf Dramatik oder Effekte zu zielen. So erreicht er rasch das Publikum und zieht es mit seinem musikalischem Erzählstil in seinen Bann. Jeder Satz erhält seine Individualität und entwickelt seinen eigenen Charakter.
Franz Schuberts Fantasie C Dur op 15 D 760, die sogenannte Wanderer Fantasie ist ein häufig gespieltes Klavierwerk und erfreut sich dank seiner Leichtigkeit und romantischen Harmonien großer Beliebtheit. Den Beinamen erhielt das Werk von Franz Liszt, der eine Renaissance von Franz Schubert einläutete. Lukas Sternrath arbeitet die epischen Bilder wieder mit Gespür heraus. Des Wanderers Schritte werden hörbar, das Schicksal fühlbar und die Emotionen entwickeln sich vielfältig. Beeindruckend ist die Souveränität des jungen Pianisten, der mit der Virtuosität des Werkes zurückhaltend umgeht und sich darauf konzentriert märchenhaft und im Spiel gläubig andächtig zu bleiben. So entsteht eine reife runde inspirierende Interpretation, die auf einem vielfältig variiertem Thema fusst.
Wieder eine ganz andere Herangehensweise erlebt der Zuhörer nach der Pause in den Sechs Klavierstücke op 118 von Johannes Brahms. Die Spätwerke sind von einer Melancholie in ihrer Tiefgründigkeit geprägt. Der Komponist ruft demgemäß zu einer leidenschaftlichen Ausgestaltung auf. Die wird an diesem Abend geliefert, ohne überzogen zu werden. Auch hell und heiter können diese sechs Stücke strömen, mit einem Schuss Vorsicht und Respekt geht der Musiker an diese reifen Werke heran.
Mit der Klaviersonate Nr 7 B Dur op 83 von Sergei Prokofjew zeigt Sternrath wieder seine Vielseitigkeit und interpretetatorische Sicherheit bei so unterschiedlichen Werken an einem Abend. In nur wenigen Minuten wechselt er in die Moderne. Im Angesicht der schrecklichen Geschehnisse des Zweiten Weltkrieges vollendete Prokofjew seine siebte Klaviersonate. Scharfe Kontraste, ungestüme Akkorde wechseln sich mit feinfühligen fast leicht anmutenden Melodien ab. Anspruchsvoll sind die Übergänge, die Sternath auch mit rhythmischer Sicherheit fein herausarbeitet.
Mit lautstarker Begeisterung dankt das Publikum im Saal und drückt seine Anerkennung aus, der Künstler bedankt sich mit einem weiteren Intermezzo von Brahms als Zugabe.
Dr. Helmut Pitsch
09. Oktober 2023 | Drucken
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