Undine ein Traumballett Gärtnerplatztheater München 20.1.2024
Mahlers Zehnte als getanzte Sehnsucht Undines
Menschen und Wasserkreaturen, Meerjungfrauen und deren Begegnung mit Menschen, die unerfüllte unglückliche Liebe und der folgende Untergang sind der Stoff von Märchen in vielen Kulturen. Undine, Rusalka, die kleine Meerjungfrau bis zu den erfolgreichen Cartoon aus Walt Disneys Traumfabrik greifen den Stoff auf, der geprägt ist von der Faszination des Anderen, der Sehnsüchte nach Liebe, Gefühlen und den Schwierigkeiten zueinander zu finden. Diese jahrhundertalten Stoffe, wiederbelebt in der Romantik hat Karl Alfred Schreiner für seine Choreografie von Undine - ein Traumballett - aufgegriffen und mit der Musik von Gustav Mahler zu einem Ballettabend zusammengeführt. Der Mut der Titelheldin Undine, die Verwandlung, das an Land gehen, das Geheimnis und das Scheitern beinhalten für ihn den gestalterischen Reiz aber auch die Aktualität der Handlung.
Zu Beginn erleben wir die Wasserwelt. Unter einem glitzernden Tuch erkennen wir die fließenden Bewegungen von Kreaturen, die langsam zur Oberfläche kommen. Hinter Plexiglaswänden - die leider schon etwas zerkratzt und vor der Aufführung durchaus eine Reinigung gebraucht hätten - erleben sie andersartige Kreaturen, Menschen. Die Neugierde wächst und die Sehnsucht zu Ihnen zu gelangen, sich mit Ihnen zu verbinden. Undine legt ihr Wasserkostüm sinnbild für die Verwandlung ab, lernt sich menschlich zu bewegen. Amelie Lamprechts verkörpert Undine als mutige junge Frau, neugierig und vorsichtig. Geschmeidig gestaltet sie die Verwandlung. Ihre Sehnsucht nimmt Gestalt an. Der Mann Ihrer Träume ist Douglas Evangelista, der wie seine Mitmenschen kraftvoll, exstatische Bewegungen vollführt, Schrittfolgen sind an den Streetdance angelehnt. Das Ensemble ist präsent, es gibt wenige pas de deux, zumeist bewegen sich Gruppen schreitend, begegnen sich in Figuren, kaum gibt es Berührungen. Einsamkeit als Sehnsucht, als soziales Scheitern.
Gustav Mahlers Symphonie Nr 10, in der Fassung für Kammerorchester von Michelle Castelletti, drückt diese Sehnsüchte in Noten aus. Elegische sich langsam entwickelnde Melodien, die sich in Wiederholungen und Variationen steigern ohne wirklich eine Entladung zu erleben, lässt diese nach vorne strebende Choreografie wie eine Mediation erscheinen. Reich ist die Instrumentierung mit Glockenspiel und Klavier. Es entstehen besondere Stimmungen im Graben unter dem Dirigat von Michael Brandstätter.
Die Erlösung gibt es nicht, die Liebenden finden auf der Bühne nicht zueinander oder zusammen. Der Handlungsablauf ist nicht immer klar in dieser 2021 entstandenen Choreografie. Sie lebt von Einzelbildern, stetiger Bewegung und farbenreichen Kostümen von Heiko Pfützner. Die Bewegungen sind sehr gut zur Musik, zu Rythmus und Melodien abgestimmt und verbinden sich harmonisch.
Große Begeisterung im vollen Haus von viel Jugend besucht.
Dr. Helmut Pitsch
22. Januar 2024 | Drucken
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