Mazzepa Große Romantik an außergewöhnlichem Ort in München

Xl_6._mazeppa__002_ © Ailyn Kaip

Peter I Tschaikowski Mazeppa Opera Incognita 14.9.2024

Mazeppa Große Romantik an außergewöhnlichem Ort in München 

Düster ist die Geschichte um die historische Figur des Kosakenführers Mazeppa, der als ukrainischer Held eine erste Unabhängigkeit seines Landes im 17. Jahrhundert erreichen wollte. Seine Liebe zu seinem Patenkind Maria, welches er gegen den Willen ihrer Familie ehelicht, führt zu einem Zerwürfnis mit ihrem Vater. Dieser sinnt für Rache und verleumdet Mazzeppa beim russischen Zaren. Der bleibt seinem Gefolgsmann treu und liefert die Verschwörer an Mazzeppa aus. Nach Folter wird Marias Vater Kotschubej hingerichtet. Marias Bittgesuch kommt zu spät und sie verfällt dem Wahnsinn.

Peter I Tschaikowski vertonte den historischen Stoff nach der literarischen Vorlage von Puschkin, der auch autobiographische Züge trägt. In der unglücklichen tragischen Liebe Marias sieht der junge Komponist seine „unnatürliche“ verbotene Homosexualität widergespiegelt. Musikalisch ist seine selten gespielte Oper modern, ohne Arien durchkomponiert, und von großer romantischer Melodik durchzogen.

Die private freie Operngesellschaft Opera Incognita, eine Gründung von Regisseur Andreas Wiedermann und musikalischem Leiter Ernst Bartmann, greift nun diese achte Oper von Tschaikowski auf und bringt sie als „Wanderoper“ in den erhabenen Räumlichkeiten der Ludwig Maximilian Universität in München wirkungsvoll zur Aufführung. Andreas Wiedermann eröffnet in seiner Regie auf der prächtigen Feststiege. Maria trifft ihren Jugendfreund Andrej, dessen Liebe sie zurückweist. Der Chor in einfachen ländlichen Kleidern, die Ausstattung stammt wiederum von Aylin Kaip, schreitet die Treppe herab und fordert das Publikum auf, in den großen Lehrsaal, dem Audimax zu folgen und auf der Galerie und den hinteren Reihen Platz zu nehmen. Geschickt wird der aufsteigende Raum mit seinen Sitzreihen als Bühne genutzt. Die dreizehn Musiker des Orchesters spielen auf einer seitlichen Plattform, von der aus Ernst Bartmann auch Chor und Sänger gut sichtbar führen kann. Klug integriert ist der Regieeinfall eines modernen Dozenten, der während der Orchesterintermezzi in Pantomine zu den als Untertitel projizierten historischen Fakten der Ukraine um die Figur Mazzeppas vorträgt. Als aktuelle Parallele zur Gegenwart wird er von einem autokratischen System abgeführt und kehrt als geläuterter Gefolgsmann wieder. Seine letzte Rebellion wird mit einer Gefangennahme beendet.

 

Das Team von Opera Incognita nimmt so konkret aber subtil zum russischen Angriffskrieg Stellung. Über drei Stunden packt die Inszenierung mit einer gestenreichen einfühlsamen Personenregie und szenischen Einfällen in den begrenzten Möglichkeiten. Die Nähe zum Publikum bleibt nicht ohne Wirkung. Ernst Bartmann schafft es ebenso mit seinen unglaublich motivierten und engagierten Musikern berührende Momente zu schaffen. Seine Bearbeitung der Partitur ist perfekt auf die Gegebenheiten angepasst.

Dazu konnte aus dem Sängerkreis, der immer wieder mit Opera Incognita zusammen arbeitet, bestens geeignete Besetzungen vorgenommen werden. Torsten Petsch übernimmt die Titelfigur und gibt den herzlosen selbstverliebten Kosakenführer. Auch stimmlich weiss er sein verräterisches Spiel zu verkleiden. Robson Bueno Taveres Ist ein emotionaler im Stolz gebrochener Kotschubej. Sein Bariton ist passend dunkel gefärbt und zeichnet sich durch einen fülligen Klang aus. Etwas zu dramatisch wirkt die Maria von Ekaterina Isachenko Andrej Karo Khachatryan, welches im Hall des Stiegenhaus eine metallene Schärfe erzeugt. Dafür erfreut sie mit einer gefühlvollen Leidenschaft für ihren angebeteten Mazeppa. Als Dozent wirkt Helmut Bayerer überzeugend wie auch als Mitglied im Chor, der insgesamt viel zum Erfolg des Abends beiträgt.

Große Begeisterung vom zahlreich erschienenen Publikum, die sich vom Zauber der Darbietung und der Räumlichkeiten mitreißen ließen.

Dr. Helmut Pitsch

 

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