Im Venedig Ende des 15. Jahrhunderts spielt dieser tragische Kampf zwischen den mächtigen Familien Foscari und Loredano. Der alte Foscari steckt zudem in dem mörderischen Konflikt zwischen politischem Amt als Doge und seiner Vaterliebe. Zuletzt unterwirft er sich dem Druck der Opposition geführt von seinem erbitterten Feind Loredano und schickt seinen unschuldigen Sohn Jacopo in die Verbannung. Da kommt das Geständnis des wahren Mörders, aber der unschuldige Sohn ist bereits auf dem Weg in die Verbannung nach Folter und Gefängnis gestorben. Ein Stoff scheinbar wie geschaffen für ein Melodram, eine grosse Oper. Die literarische Vorlage stammt von Lord Byron, Francesco Masia Piave wurde erstmals vom aufstrebenden jungen Verdi mit dem Libretto beauftragt. Auch die Uraufführung sollte im berühmten Teatro La Fenice in Venedig statfinden. Aber dieses zeigte kein Interesse an der heimischen Geschixhte und so wurde die Oper 1844 in Rom mit mässigen Erfolg uraufgeführt und geriet später in Vergessenheit. Erst in den letzten Jahren wird diese Oper vermehrt auf die Spielpläne gesetzt in dem Trend unbekanntere Werke grosser Meister wieder zu beleben.
Trotzdem ist dieses in der Entwicklung des Kompositionsstiles Verdi von Bedeutung. Erstmals arbeitet er mit wiederkehrenden Motiven und setzt vermehrt auf auskomponierte Arien. Schwungvoll geradezu folkloristisch bastelt er Melodien, die an venezianische Barkarolen im Rhythmus erinnern.
Nunmehr nimmt auch das Teatro Regio in Parma mit seinem weltberühmten jährlichen Verdifestival diese Oper in den Spielplan auf, um das Schaffen dieses hier besonders verehrten Meisters zu pflegen. Unweit der Stadt wurde er 1813 geboren und lebte viele Jahre auf seinem prächtigen Landgut Sant Agata. Die Stadt und Region ist von Landwirtschaft geprägt und protzt mit kulinarischen Köstlichen wie Parmaschinken, Parmesan und vielem anderen. Auch der grosse Komponist Verdi war Landwirt, ein besonders erfolgreicher und einflussreicher dazu! Der auch international bekannte italienische Regisseur Leo Muscato setzt eine moderne klar auf die Charaktere ausgerichtete Interpretation um. Andrea Belli liefert ihm dazu eine ansprechende effektvolle Bühne geprägt von Videoinstallationen. Ein grosses Halbrund wechselt imposant von Palastwand mit ehrfurchtsvollen Porträits zu Stäben, das Gefängnis zeichnend. So kann auch der Handlungsablauf rasch ohne Umbaupausen gestaltet werden. Die Kostüme sind dezent historisiert, zumeist von Silvia Aymonino in schwarz gestaltet. Ein paar Farbtupfer, wie die roten Talare des 10 köpfigen Rates oder der violette überbordende Mantel des alten Dogen springen hervor.
Musikalisch kommt Paolo Arrivabeni im wahrsten Sinne seines Names gut an. Ohne Verspielung oder Zierde ist sein Verdi nahezu kammermusikalisch. Er verzichtet auch auf pompöse marschartige Gestaltung mit vollem Forte. Sehr ausgeglichen nimmt er den Handlungsablauf im Dirigat auf. Die führenden Instrumentenstimme hebt er hervor, auch in solistischen Begleitungen. Das Filharmonica Arturo Toscanini liefert dazu einen italienisch gefärbten samtenen Klang. Martino Faggiani hat den Coro del Tearo Regio di Parma für diese Neuinszenierung bestens vorbereitet. Von der Regie wird er in der Personenführung aber vernachlässigt. Hier konzentriert sich Leo Muscato auf die tragenden Rollen. Vladimir Stoyanov gelingt es trotz seines noch jungen Alters ein betagten von Schicksalsschlägen gezeichneten Francesco Foscari zu zeichnen. Schwer lastet auf ihm die Dogenkrone, der übergrosse Mantel macht in gebrechlich und von der Last des Amtes zerdrückt. Dies gelingt dem Bariton auch überzeugend in der Stimmführung zu vermitteln. Flexibel wechselt er zwischen kämpferischer Dramatik und lyrischer Vaterliebe von Gewissensbissen zersetzt. Weich mit ausreichend Timbre ist seine Stimme unterlegt und mit Inbrunst gelingen im ausgedehnte Legati. Stefan Pop wirkt zu Beginn steif und hölzern als Jacopo Foscari. Seine Stimme öffnet sich langsam und lässt auf sein Potenzial blicken. Maria Katzarava im voluminösen grünen Kleid fügt sich optisch als Lucretia nicht wirklich in den schlichten klaren Kreis der Männerwelt um sie. Metallen hart schmettert ihr Sopran zu Beginn die Spitzentöne, um sich im Verlauf des Abends abzurunden und auch in lyrischen Passagen zu öffnen. Den fiesen Gegenspieler der Foscaris Jacopo Loredano mimt Giacomo Prestia. Ruhig und gelassen siegesbewusst schreitet er in seiner Intrige in edler Haltung voran. Emotional kalt und umberührt weiss er diese Haltung auch stimmlich umzusetzen. Gesanglich sicher in seiner Partie scheint er sich in der Vielfalt seiner Stimmfärbung zurückzuhalten.
Am Ende kurzer inniger Applaus vom Publikum.
23. Oktober 2019 | Drucken
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