Mehrmals musste das Programm der diesjährigen Mozartwoche umgeworfen werden, um den ständig wechselnden Corona Bestimmungen gerecht zu. Am Ende konnte nur mehr eine abgespeckte Konzertfolge realisiert werden, und dies nur digital im Stream unter Ausschluss der Öffentlichkeit. In Kooperation mit Unitel und dem Streaming Portal fidelio kommen 10 Konzerte vom 26. Januar bis 31. Januar 2021 zur Aufführung. Abwechslungsreich ist die Programmgestaltung, Solistenkonzerte wechseln sich mit Kammerkonzerten, Liederabende mit großen Orchesterkonzerten. Inhaltlich steht wie gewohnt der berühmteste Salzburger und dessen Schaffen im Mittelpunkt, in Ansätzen wird versucht thematische Zusammenhänge zu verknüpfen.
Die Eröffnung
Das Eröffnungskonzert bestreiten Keri-Lynn Wilson am Pult des Mozarteum Orchester Salzburg. Intendant Rolando Villazón moderiert in gewohnter charmanter Art und Redseligkeit und versprüht Mut und gute Laune zum „bösen“ Umfeld.
Ernst und konzentriert zeigt sich die Dirigentin zu Beginn der Symphonie Nr. 25 in g- moll KV 183 und das bremst das Orchester in Frische und Leichtigkeit. Die zündenden Rhythmen des ersten Satzes können nicht wirklich an Spannung gewinnen. Etwas schleppend zieht sich der zweite Satz. Zu sehr scheint die Kanadierin an der Partitur zu hängen. Die Raffinessen und den versteckten Witz Mozarts unterdrückt sie. Die Dialoge der Instrumentengruppen werden nicht fein abgestimmt. Die luftige Transparenz des jungen Mozart, er komponierte die Symphonie mit 17 Jahren, ist nicht spürbar.
Xavier de Maistre und Mathilde Calderini sind die Solisten im anschließenden KOnzert C-Dur für Flöte, Harfe und ORchester KV 299. DIe beiden finden sich bestens in den melodienreichen und munter miteinander kommunizierenden Solostimmen zurecht und ziehen das Orchester mit ihrem offenen und ansteckend leichten Spiel mit.
In den folgenden Konzertarien ergibt sich wieder die seltene Gelegenheit, die noch immer sanfte von weichem Schmelz gekennzeichnete Stimme Rolando Villazóns zu hören. Mit bereits 8 Jahre komponierte das Genie Wolfgang Amadeus Mozart die Arie „Va dal furor portata“ KV 21. Mit sichtlicher Freude zeigt der Intendant lyrische Mitte, dramatische Höhe und verführerische Tiefe. Luca Pisaroni setzt mit dem Rezitativ und Arie „Così dunque tradisci“ – „Aspri rimorsi atroci für Bass und Orchester KV 432 fort. Eindringlich und forsch, aber mit der richtigen Mischung an Ausdruck und Witz überzeugt er in seiner Interpretation. Abschließend gestaltet Giulia Semenzato gefühlvoll „Bella mia fiamma, addio“ – „Resta, oh cara“. Rezitativ und Arie für Sopran und Orchester KV 528
Verschollenes wieder gefunden
Mit Spannung wurde die Aufführung eines lang verschollenen Werkes erwartet. 94 Sekunden dauert das Allegro in D-Dur KV 626b/16. Das Autograph wurde von der Stiftung Mozarteum aus Privatbesitz erworben. Wolfgang Amadeus Mozart hat es höchstwahrscheinlich mit 17 Jahren nach seiner dritten Italien Reise komponiert. Dr Ulrich Leisinger, wissenschaftlicher Leiter der Stiftung Mozarteum erläutert Wissenswertes zum Schaffen und Werkverzeichnis des Salzburger Wunderkinds.
Seong-Jin Cho ist der Solist dieses außerordentlichen Konzertes und präsentiert dieses Werk und weitere ausgewählte Klavierwerke mit perfekter Technik und einem Schuss gedämpfter Emotion.
Der Routinier
Ein weiteres Orchesterkonzert führt Thomas Hengelbrock mit dem Balthasar-Neumann-Ensemble. Schwungvoll leicht mit feiner Raffinesse Fermate und Pausen auskostend, stellt er tänzerisch schwebend aber auch mit der richtigen Portion Ernst die erste und letzte Symphonie, die Jupitersymphonie Mozarts vor. Dazwischen zeigt die Sopranistin Katharina Konradi in der Arie „Batti batti“ aus Don Giovanni gekonnt ihren Zugang zu dessen Opernwerk.
Unverfrorene Jugend
Frech und munter startet die junge Dirigentin Giedrė Šlekytė aus Litauen in einem weiteren symphonischen Konzert. Sie nimmt die Camerata Salzburg sichtlich und hörbar die Distanz in der Interpretation der Symphonie D-Dur KV 297 „Pariser Symphonie“. Da kommt Hörgenuss auf, da auch kleine Details herausgearbeitet ja nahezu herausgekitzelt werden. Auch die Lautstärke wird nuanciert getrimmt. Dazu lächelt sie freudig ermunternd. Ihre Ausbildung absolvierte sie in Graz, Leipzig und Zürich. Eines ihrer ersten Engagements erhielt sie am Stadttheater Klagenfurt. Regula Mühlemann folgt der freudig leichten Führung der Dirigentin im „Exsultate jubilate“ Motette für Sopran, Orchester und Orgel KV 165 sowie zwei ausgewählten Arien aus „Il re pastore“ KV 208. Gefühlvoll und leicht in der Höhe formt die Sopranistin die Melodien in klarer Intonation. Renaud Capucon und Gérard Caussé sind die Solisten in der Sinfonia concertante Es-Dur KV 364 und treten mit viel Einsatz und Gespür in den Dialog mit dem Orchester.
Kammerkonzerte auf höchstem Niveau
Meisterhaft ist die Vorstellung der Divertimenti D-Dur KV 136, B-Dur KV 137 und F-Dur KV 138, sowie das Quartett g-moll für Klavier, Violine, Viola und Violoncello durch das französische Quatuor von Kuijk
Martha Argerich – Daniel Barenboim – ziemlich beste Freunde
Die Beiben sind seit ihren Jugendjahren eng befreundet und strahlen Harmonie und inniges Verständnis aus. Auch im Alter glitzern beider Augen, wenn sie eng aneinander in die Tasten greifen. Mozart beginnt zu schwingen und schlendert förmlich in den Raum. Immer wieder treffen sich ihre Blicke und ihr Spiel vereint sich zu einem großartigen Ganzem auch an zwei Klavieren. So geschehen in Mozarts Sonaten C-Dur und F-Dur für Klavier zu vier Händen, dem Andante mit fünf Variationen G-Dur für Klavier zu vier Händen KV 501 und zuletzt in der Sonate D-Dur für zwei Klaviere KV 448. Ein wahrer Höhepunkt der Mozartwoche.
Der Abschluß
Das Abschlusskonzert bestreiten die Wiener Philharmoniker unter der Leitung von Daniel Barenboim, sowie am Klavier als Solist des Klavierkonzerts c-Moll KV 491. Feierlich getragen führt er Solo und Orchester. Eine gewisse Uneinigkeit im Tempo ist zu spüren, die sich fortlaufend verflüchtigt. Mit edlem leichtem Anschlag zeigt er sich auch als Pianist der Spitzenklasse in der Gestaltung der Kadenzen.
Zuvor eröffnet Cecilia Bartoli im eleganten zartrosa Seidenkleid mit dem Rezitativ und Arie (Rondo) für Sopran, obligates Klavier und Orchester „Ch’io mi scordi di te?“ – „Non temer, amato bene“ KV 505. Gewohnt selbstbewusst und ausdruckstark tritt die Italienerin dem Orchester gegenüber, zwängt viel Dramatik und Kraft, zuviel, in diese harmonisch von leichten Melodien durchsetzte Arie. Ihre Koloraturstimme schimmert immer wieder durch. Im Finale zeigen die Wiener Philharmoniker in der Symphonie D-Dur KV 504 „Prager Symphonie“ ihren einheitlichen ausgeglichenen Klang und ihre Sonderstellung insbesondere für Werke der Wiener Klassik. Wohltuend ausbalanciert in der Lautstärke, respektvoll sachte im Einstieg, und präzise im Einsatz.
Dr. Helmut Pitsch
31. Januar 2021 | Drucken
Kommentare