Mozartwoche Nozze di Figaro Ein Pianist macht noch keinen Dirigenten

Xl_mozartwoche2020_lenozzedifigaro_c_wolfganglienbacher_218 © Mozartwoche

Die Mozartzwoche Salzburg wartet in diesem Jahr mit einer semikonzertanten Aufführung von Nozze di Figaro von Wolfgang Amadeus Mozart auf. Regie führt der frischgekürte Intendant Rolando Villazon persönlich, bekannt für seine Spässe und Humor aber auch für natürliches spontanes intellligentes Schauspiel mit dem er sich in die Herzen und das Gedächtnis seiner grossen Fangemeinde gespielt und gesungen hat. Diese seine zahlreichen Talente und insbesondere seine musikalischen Fähigkeiten und ein Gespür für Interpreten reichern die Qualität und Programmvielfalt dieses renommierten eigenständigen Festivals an.

Ein paar barocke Paravents, Stühle und Stehlampen aus dem Theaterfundes sind auf beiden Seiten des Orchester auf der Bühne aufgestellt. Minimalistisch so punktuell eine szenische Umsetzung angedeutet. Viel tragen diese Requisiten im Handlungsablauf nicht bei, dienen mehr als Stimmungsbilder und Verstecke für unkomplizierte Abgänge der Handelnden auf der weitläufigen Bühne der Felsenreitschule. Das berühmte Setting mit den legendären Arkadengängen am Bühnenhintergrund wird nur für Lichteffekte von Davy Cunningham genutzt.

Es ist die Personenregie, das schauspielerische Talent aller Beteiligten inklusive Sir Andras Schiff am Pult seiner Capella Andrea Barca, die den Opernabend zum Leben erwecken. Situationskomik inklusive. Es wird auch auf Kostüme und Maske verzichtet, elegante und individuelle Abendrobe, besonders bei den Frauen sprechen das Auge an. Munter nimmt die Handlung Fahrt auf, schnell sind Unzulänglichkeiten vergessen und mit dem erfrischenden und intensivem Spiel der Sänger kommt Stimmung auf. Rege wird raumgreifend gestikuliert und vor dem Orchester auf und abmarschiert. Cherubino darf auch zünftig von der Bühne springen. Es gelingt Rolando Villazon so ohne Umstände einen wahren Opernabend ohne grosses Regietheater und Bühnenzauber erleben zu lassen, dafür sei ihm und insbesondere den Sängern grosses Lob beschieden. Florian Boesch mutiert zum einfältigen plumpen Grafen Almaviva, der nur so schreit, in jede Falle zu tapsen. Stimmlich bleibt er klar in der Linie, führt schlank und weich die Melodien und zeigt seine Qualitäten als Liedsänger, die in dieser intimen Aufführung überzeugen. Christiane Karg in nachtblauer Robe strahlt Eleganz aus, bringt aber stimmlich nicht die Würde und Herrschaftlichkeit zum Ausdruck, die der Gräfin gebühren. Adel und Weiblichkeit verkörpert Regula Mühlemann und zeigt sich als eigentliche Herrscherin im Haus. Ihre Susanne ist grazil, edelmütig und pflichtbewusst, aber ohne Einfalt. Mit ihrem hellen in der Höhe reinen Sopran besticht ihre Darstellung. Diesem Charme kann sich auch Julien van Mellaerts nicht entziehen und strengt sich mächtig an, als Figaro zu punkten. Kraft und Breite hat sein Tenor, Timbre und Lyrik sind schwächer ausgeprägt. Julia Lezhneva glitzert als Barbarina stimmlich und äusserlich, erscheint aber mit ihrer prächtigen Stimme als Luxusbesetzung. Angela Brower passt stimmlich zu Cherubino, aber ist nicht der brennende jugendliche Liebesteufel. Angelo Pollak gefällt als Don Basilio und Don Curzio, Maurizio Muraro zeigt mit Übermut die Kraft seiner Bassstimme. Dem sängerischen Schwung versucht Sir Andras Schiff am Pult und Continuo mitzuhalten. Er zeigt viel Einfühlungsvermögen und ein Gespür für einen leichten spielerischen Mozart. Dass dies aber eine große Herausforderung ist zeigt sich in leichten Ungereimtheiten zwischen den Instrumenten und in Einsätzen des Chores. Dazu lenkt ihn die Nähe und der Einbezug in das Bühnengeschehen ab und droht den Spannungsbogen in der anspruchsvollen Akustik der Felsenreitschule zu verlieren.

Gemeinsam mit dem perfekt einstudierten Arnold Schönberg Chor und den Sänger gelingt aber ein überzeugender erfrischender Mozart Opernabend, der das Publikum hörbar begeistert.

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