Musikalische Spitzenleistung verzaubert die Walküren in München

Xl_5m1a3129 © Wilfried Hösl
Einen regelrechten Aufstand verursachte Andreas Kriegenburg bei der Neuinszenierung seines Ring des Nibelungen an der bayerischen Staatsoper mit seinen stampfenden Walkürenrösser. Mittlerweile verursacht die Horde junger, ihre lange Mähne schwingender, Frauen vereinzelte Lacher und Szenenapplaus. Sicherlich ist die Szene gewöhnungsbedürftig und in ihrer Aussagekraft und Lönge zu hinterfragen, in Erinnerung wird sie jedem Besucher auf alle Fälle bleiben. So auch der gestrige Abend mit der Wiederaufnahme der Walküre in München. Kyrill Petrenkos Richard Wagner Interpretationen sind zu Kultvorstellungen geworden. Seine sensible feingliedrige Gestaltung, sein schwungvolles exaktes und eindringliches Dirigat fordert die Musiker zu Höchstleistungen. Der aufmerksame Zuhörer entdeckt immer wieder neue Details in der gewaltigen Komposition, die Kyrill Petrenko mit Bedacht in jeder einzelnen Stimme ausmusizieren lässt. Er spart an überschwenglichen romantischen Harmonieergüssen und forscht im inneren Seelen- und Gefühlsleben der Figuren, welche in der Partitur verborgen sind. Er hat die Tempi im Auge, lässt den Sängern Volumen und ausreichend Zeit um weitestgehend wortdeutlich zu singen. Mit dieser Unterstützung und Anfeuerung aus dem Orchestergraben gelingt allen Sängern eine überzeugende Darstellung. Der Neuseeländer Simon O'Neill hat viel an seiner Stimme und seinen deutschen Sprachkenntnissen gearbeitet. Selbstsicher führt er seinen kräftig hellen Tenor mit geringer Färbung durch den Abend, setzt sich dem mächtig aufspielenden Ain Anger als Hunding heldenhaft entgegen und verfällt im lyrischen Klang der anbetenden Liebe seiner Zwillingsschwester Sieglinde. In ihr setzt Anja Kampe neue Maßstäbe. Mutig energiegeladen nimmt sie den matten Krieger auf und muntert diesen kämpferisch zum Helden auf. Ohne Übersteuerung schmettert ihr Sopran die hohen Spitzentöne, romantisch arienhaft die Zuneigung unter den Wälsen und voller Inbrunst das Flehen an die Walküren. Überall wird sie den Erwartungen gerecht und trifft ins Mark. John Lundgren, der bereits im Rheingold als Alberich viel Applaus bekam, ersetzt den erkrankten Wolfgang Koch als Wotan. Trotz der langen schütteren weissen Haarpracht lässt er nichts an Alter in seiner Darstellung spüren und zeigt einen kämpferischen lautstarken Göttervater im Kampf gegen den drohenden Untergang. Schmerzhaft ist der Kampf mit seinem Weib Fricka. Ekaterina Gubanova ringt dem Gatten kühl und verführerisch den göttlichen Eid ab, Siegmund zu fällen. Ehrlich, nahezu resignierend das Eingeständnis seiner Bedrängnis gegenüber Brünnhilde. Mit seiner Landsmännin Nina Stemme blüht der Schwede auf und das Vater Tochter Liebesduett wird zum Höhepunkt des Abends, die letzte Umarmung wird zum Gefühlsausbruch mit mächtiger Orchesteruntermauerung, dass dem Zuschauer die Tränen in die Augen drückt. Nina Stemme ist zur Zeit wohl d i e Besetzung der mutigen Walküre, die sich aus und für Liebe und Gefühl gegen den Willen des Vaters stemmt und mit unglaublicher Rührung seine Liebe zurückerkämpft. Stimmlich in Bestform lässt sie keine Schwäche erkennen, trällert nahezu die wilden Freudesrufe zu Beginn und lässt keine scharfen metallenen Spitzentöne zu. So stampfen am Ende nicht die Rösser sondern die Zuschauer aus Begeisterung, aus Anerkennung und Dankbarkeit für diesen Abend. Viel Rührung erzeugt die anschliessende feierliche Ernennung von Frau Anja Kampe zur bayerischen Kammersängerin, die der Intendant der bayerischen Oper Nikolaus Bachler, mit viel Witz und charmanten Worten vornimmt. Seinem spitzfindigem Wunsch von vielen Auftritten an der bayerischen Oper wird Frau Anja Kampe, auch mit seiner Hilfe, hoffentlich Folge leisten. | Drucken

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