Omaggio a Palladio nennen sich zwei Abende im Stream aus dem berühmten Teatro Olimpico in Vicenza. Dieses architektonische Juwel schuf der italienische Architekt Andrea Palladio 1580 bis 1585. Es gilt als ältestes überdachtes Theater der Welt und ist zurecht erklärtes Weltkulturerbe der Unesco. In der Gestaltung ist es dem klassischen griechischen Amphitheater nachempfunden.
Dort findet alljährlich ein Festival unter der Leitung und Mitwirkung von Sir Andras Schiff und seiner Cappella Barca statt. Das Orchester wurde von ihm 1999 für die Aufnahme der Mozart Klavierkonzerte gegründet und setzt sich aus hervorragenden Solisten zusammen, die nun auch als festes Ensemble auftreten. Pandemiebedingt konnten die Musiker nicht anreisen, er selbst aber ist vor Ort und bietet einen Soloabend vor einigen italienischen Gästen, Ausländern ist derzeit die Einreise in Italien nur mit Quarantäne erlaubt.
Mit bewegende Einleitungsworten des Dankes in italienisch und englisch eröffnet der Künstler persönlich. Er nimmt Bezug auf die Situation in Zeiten der Pandemie und bringt seine Freude auf der Bühne und auf Live Konzerte zum Ausdruck. „online“ wird zum verhassten Wort erklärt. Außerordentlich ist seine hervorgehobene Vorstellung des Instrumentes des Abends. Er betont, dass es kein schwarzer Flügel und kein Steinway ist. Es ist ein braunes Klavier in natürlicher Holzfarbe und stammt aus der Klavierfabrik Blüthner in Leipzig und wurde 1859 gebaut. Für das Programm hat er nur das Beste als Honoration für den Schöpfer des Theaters ausgesucht und bis kurz vor dem Konzert mit der Auswahl der Stücke gerungen, die er alle auswendig vortragen wird.
Begonnen wird mit dem „Präludium und Fuge c moll“ aus dem wohltemperierten Klavier von Johann Sebastian Bach gefolgt vom „Adagio in c moll“ von Wolfgang Amadeus Mozart, dessen einziges Werk in dieser Tonart.
Weich und ausgeglichen ist sein Anschlag, in ansprechendem Tempo stellt er das Präludium vor. Verführerisch trocken und klar ist der Klang der Aufnahme der sich im Theater gut entfaltet – soweit vom Bildschirm zu beurteilen. Der Pianist verweilt in reduzierter unaufdringlicher Lautstärke, vollbringt keine artistischen Showeinlagen. Die linke Hand ist wohl abgesetzt, die Themen werden in beiden Händen ausgeprägt vorgeführt. Mozarts melodiös ausgefeilte Komposition wird sehr langsam gespielt, einfühlsam reserviert interpretiert Andras Schiff ohne in Pathetik zu verfallen. Leicht fließen die Melodien und wirken nahezu meditativ in den Wiederholungen.
Es folgen „Drei Intermezzi“ von Johannes Brahms, nachdenkliche verschlossene Stimmungsbilder die hier schwunglos entschlüsselt werden. Dagegen reizen die „Geistervariationen“ von Robert Schumann. Es sind diese sein letztes Werk vor der Einlieferung in die Nervenheilanstalt Bonn Endenich. Während der Komposition verübte er bereits einen Selbstmordversuch, indem er in den Rhein sprang, aber gerettet wurde. Träume verfolgten ihn, die Geister Mendelssohns und Schuberts sind ihm erschienen und haben ihm die Themen diktiert – so äußert es sich gegenüber seiner Gattin Clara Wieck und Freunden.
Zum Abschluss kehrt Sir Andras Schiff zur Klassik mit Ludwig van Beethovens Sonate op 109 Nr 30 zurück. Der anerkannte Pianist stellt es als seine bevorzugte Sonate vor. Wiederum bescheiden in Tempo und Lautstärke steigt er respektvoll ein und steigert In den Tonvariationen bewusst modulierend Lautstärke und Tempi. Noch einmal schwenkt die Kamera begleitend auf die Details des prachtvoll Bühnenaufbaus. Die Statuen wirken versunken in den sie umspielenden Tönen. Prägnant ist der dritte Satz der Sonate mit seinen ausgedehnten Variationen.
Großer Beifall ermuntert Sir Andras Schiff zu einer Zugabe – ein Vorbote für den zweiten folgenden Soloabend in Vicenza. Mit der Vorstellung des Themas und der ersten Variation aus den Goldbergvariationen von Johann Sebastian Bach wird der Abend beschlossen.
Dr. Helmut Pitsch
01. Mai 2021 | Drucken
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