Oper Sofía auf dem Weg zur Wagner Destination

Xl_3ca9486c-c4d2-47d4-b152-feb14387867d © Sofia Opera

Richard Wagner Lohengrin Sofia Opera Wagner Festival 13.6.2024

Oper Sofía auf dem Weg zur Wagner Destination

Getragen festlich beginnt in gut geführtem feinsten Piano die Overtüre. Kurz hebt sich der Vorhang und wir sehen die Gralsritter in langen weißen Mönchskutten, einer, Lohengrin, tritt aus dem Kreis und wird auf Mission entsandt. Diese Parallele zu Parsifal ist nur einer von vielen gelungenen Einfällen des Intendanten des Sofia Opernhaus, der die Regie an dieser Neuinszenierung von Richard Wagners Lohengrin führt. Plamen Kartaloff ist ein großer Verehrer der Musik des deutschen Romantikers und hat über seine langjährige Intendanz eine eindrucksvolle Wagner Tradition als auch nationale Wagnerbegeisterung und internationale Anerkennung seines Ensembles, Chores und Orchesters aufgebaut.

Nach über 50 Jahren kehrt der Schwanenritter in dieser Neuinszenierung mit starken Bildern an das Haus zurück. Das Bühnenbild gestaltet Hans Kudlich und Nela Stoyanova. Drei Elemente sind zentral für das Regieteam. Die Lebenseiche, die von Krieg und Zwist kahl in der Bühnenmitte in den Himmel ragt, und ein Amphitheater im Bühnenhintergrund für das Volk, repräsentiert vom fantastisch vorbereiteten und groß besetzten Chor des Opernhauses und Männerchor des bulgarischen Rundfunks. Davor läuft die Handlung auf einer Schräge, die zu einem Podest um die Eiche führt. Federn fallen vom Himmel als Ankündigung des Schwanes, Dornengestrüpp umgibt das mit einem monströsen Baldachin aus viel fallendem Stoff markierte Hochzeitsgemach. Stimmungsvoll ist die Bühne von Zach Blane ausgeleuchtet. Gut und böse ist das Schicksal der Figuren, und spiegelt sich in hell und dunkel bis in die Mitte der Lebenseiche wieder. Die Kostüme von Mario Dice sind ritterlich farbig der Zeit entsprechend. Lohengrin wirkt in seinem weißen Anzug mit wallenden überlangen Ärmeln wie ein gestrandeter Schwan, nicht wirklich heldenhaft.

Die Personenregie bleibt statisch und wirkt durch Eigeninitiative der Darsteller mitunter lebendig. Zentral für den Erfolg des Premierenabends ist das Dirigat von Constantin Trinks. Er ist für seine Wagnerinterpretionen international angesehen und hat mit dem Orchester des Opernhauses intensiv an vielen Details gearbeitet. Im Tempo bleibt er gemäßigt, kann aber immer den Spannungsbogen halten. Der Streicherklang zeigt nuancenreich viel Klangfarbe, Klangfülle und erfreuliche Sicherheit die Bläser im Graben wie auf der Bühne. Mit viel Feingefühl und großer Gestik hält er Kontakt zur Bühne, zieht den Chor kräftig mit, fordert diesen zu markigen Forte, die das Haus beben lassen. Genauso austariert ist die Begleitung der Sänger, die so kaum zugedeckt werden.

Viele der Mitwirkenden können ihre Textverständlichkeit eindrucksvoll unter Beweis stellen. Der auch als Wagnersängerin gefeierte Weltstar Anna Tomowa Sintow hat hier mit viel Einsatz mit dem Ensemble gearbeitet, für manche war es das Rollen- sowie Wagnerdebut. Kräftig von edler Statur eröffnet Atanas Mladenov als königlicher Heerrufer und zieht die Aufmerksamkeit auf sich. Mit Biser Georgiev ist König Heimrich stimmlich unterbesetzt. Klar und deutlich ist sein Gesang, nur ist sein Bass mit wenig Körper ausgestattet. Mit Ventseslav Anastasov ist Telramund eindringlich, dunkel timbriert sehr gut besetzt. Zusammen mit der ebenso überzeugenden Gabriela Georgieva als Ortrud bekommt das Böse ein dominantes Gewicht an diesem Abend. Auch in der Regie werden insbesondere die Rolle der Ortrud als die Fäden spinnende gut definiert. Tsvetana Bandalovska hat schon in der vorangegangenen Ringinszenierung mit ihrem gut geführten weitestgehend verständlichen Sopran Erfolg gefeiert. Auch als Elsa gelingt ihr eine gelungene Mischung aus lyrischer jungfräulicher Prinzessin wie auch dramatisch hadernde Ehefrau, die dem Geheimnis ihres Angetrauten erfahren will. Kostadin Andreev als Titelheld erreicht in seiner Leistung nicht das Niveau seiner Kollegen. Wenig Ausdruck, dafür umso mehr Kraft benötigt er, um seinen Part zu erfüllen. Die Intonation ist nicht sicher, seiner Stimme fehlt die heldenhafte Ausstrahlung.

Das bulgarische Publikum sowie die zahlreich anwesenden Wagnerverehrer aus dem Ausland spenden viel Beifall und feiern die Leistungen aller Mitwirkenden und zeigen so ihre verdiente Anerkennung für die großen Mühen aller Beteiligten. Diese phantasievolle Neuinszenierung findet mit ihrer Werktreue kombiniert mit intelligenten Deutungen zu Recht Zuspruch und würdigt das Werk des sehr engagierten Intendanten Prof. Plamen Kartaloff.

Die musikalisch hochwertige Interpretation verleiht der Oper Sofia einen Platz als attraktive Destination für die Musik Richard Wagners.

Dr. Helmut Pitsch

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