Giacomo Puccini Tosca Bayerische Staatsoper 24.2.2022
Piotr Beczala leuchtet in Tosca über München
Dunkel, düster ist der uncharmante Backsteinbau, der das innere der Kirche Sant‘ Andrea della Valle darstellen soll - Bühne von Richard Peduzzi. Wieso der flüchtende Angelotti sich aus einer Öffnung akrobatisch auf die Bühne abseilen muss bleibt eines der gestalterischen Rätsel dieser Inszenierung von Giacomo Puccinis Tosca am Nationaltheater in München. Der Regisseur Luc Bondy bettet seine Inszenierung in abstrakte Bilder losgelöst von den historischen Originalplätzen. Die Engelsburg ist wieder Teil des Kirchenbaus, Scarpias Büro in Pallazzo Farnese eher ein Stiegenhaus mit verschiedenen Möbelstilen bis zur Moderne. Die Kostüme von Milena Canonero sind aber historisch geblieben. Tosca darf in kräftig roter wallender Robe im zweiten Akt erscheinen. Scarpia wütet im schwarzem Gehrock rot eingefasst. Drei leichte Damen posen in bunten Strümpfen unbeholfen auf zwei roten Sofas. Die optische Ablenkung bleibt so reduziert und das Augenmerk kann auf die hochwertige musikalische Interpretation gelegt werden.
Am Pult des bayerischen Staatsorchesters führt der Routinier Carlo Rizzi versiert die Musiker. Er lässt es zum Auftritt des Scharfrichters Scarpia ordentlich erzittern. Veristisch baut er immer wieder Klangbilder auf. Liebe, Verzweiflung, Stolz und heldenhaftes Aufbäumen findet seinen Niederschlag. Das Orchester ist aufmerksam dabei. Der Chor müht sich mit Maske und schlägt nicht wirklich an.
Saioa Hernandez übernahm für Anja Hateros die Titelrolle der Flora Tosca. Weiblich kokett fordernd zeigt sie eine gute Bühnenpräsenz. An ihrer großen Arie „Visi d‘arte“ feilt sie mit Gefühl und klanglicher Sauberkeit aber sie weiß nicht gänzlich zu berühren. Es fehlt die Nuancierung in unterschiedlicher Farbgestaltung. Die Geilheit Scarpias und die verführerische Präsenz Tosca schlagen nicht wirklich trotz stimmlich fein gestalteten Szenen durch. Piotr Beczala bestätigt als Mario wieder seine stimmliche Kapazität und Fähigkeiten. Er leidet sichtlich unter der Folter und das Siegesgefühl kumuliert in strahlenden Victoria Rufen. Romantische Eleganz und veristische Emotionen bringt er mit der richtigen Dosis von Kraft in seiner beliebten und bekannten Arie "E lucevan le stelle". Weich und hell, ausgeglichen erklimmt er die Höhen, und ergiesst sich genussvoll in breiten Melodiebögen. Ambrogio Maestri ist ein von Macht und Einbildung strotzender Scarpia, unterstützt von seiner imposanten Statur. Geschmeidig locker führt er seinen Bariton sehr cantabel in alle Lagen. Dabei kann er Volumen flexibel verändern ohne wirklich Kraft spüren zu lassen. Balint Szabo tritt als Angelotti wenig in Erscheinung, Martin Snell bleibt als Messner farblos.
Viel Jubel und Applaus im pandemiebedingt nur zu 50% ausgelasteten Haus
Dr. Helmut Pitsch
27. Februar 2022 | Drucken
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