Richard Wagner Tristan und Isolde Grange Park Opera 8.Juni 2023
Langsam öffnen sich die Bühnenwände, gleissendes Licht dringt begleitet von Nebel auf die Bühne und Isolde schreitet, ja läuft dem Licht entgegen. Aber sie folgt nicht ihrem Geliebten Tristan, der ist kurz davor durch die gegenüberliegende Tür seinem Ende entgegengeschritten. So endet die Eröffnung der diesjährigen Grange Park Opernfestspiele und die Premiere der Neuinszenierung von Richard Wagners bahnbrechendem Opus Tristan und Isolde.
Die klassische Liebesgeschichte trägt viele autobiografische Parallelen bezogen auf das vieldiskutierte Verhältnis von Wagner mit Mathilde Wesendonck, der Ehefrau seines Gönners Otto Wesendonck. Aus zahlreichen Briefen und Widmungen wissen wir davon und dieser geschichtliche Hintergrund hat auch Charles Edwards zu seinem Regiekonzept beeinflusst. Die drei Bühnenwände sind 1:1 Nachbildungen der Bühnenbilder von Max Brückner zur Uraufführung 1865. Das Mobiliar ist Photos der Wohnung der Wesendoncks nachempfunden mit Sofas, Spiegel, Anrichte und Luster. Im letzten Akt ist alles Mobiliar demoliert in einer Ecke, nur ein Stuhl, Tisch und eine Leiter dienen den Besuchern Kariols. Die Kostüme von Gabrielle Dalton sind entsprechend historisiert. Am Ende entschlüpft Isolde ihrem hochgeknöpften Kleid und entschwindet modern mit T Shirt und Jeans. Der Stoff wird somit zeitlos. Dazu hat sich Edwards eine ausgefeilte Charakterisierung der Rollen überlegt und auch eine detaillierte Personenführung.
Isolde, die ausdrucksstark und spielfreudig von Rachel Nicholls umgesetzt wird, steht als selbstbewusste, kämpferische junge Königin im Mittelpunkt. Sie will ihr Los als Vassallin und zugeführte Ehefrau nicht annehmen und sinnt auf Rache an Tristan. Überdreht sie zu Beginn noch die hohen Töne in metallischer Schärfe, findet sie rasch zu einem wohlfeilen mitunter lyrischen Gesang. Sie weiß ihre Gefühlsmomente zu schattieren und die ariosen Teile der Partie auszusingen, mitunter sehr wortverständlich. Steif und trocken ohne Emotionen ist der Auftritt von Gwyn Hughes Jones als Tristan , überzeugen kann er erst als Todgeweihter im dritten Akt. Stimmlich liegt seinem weichen höhensicherem Tenor die Anlage der Rolle, die er gesanglich konzentriert wohl ausfüllt. Auch hier ist vieles Text verständlich.
Zum Höhepunkt des Abends wird der tragische Monolog des gehörnten Ehemanns, imposant von Matthew Rose als König Marke. Sein Bass hat das Volumen, die Kraft und nötige Geschmeidigkeit, um die Töne fließen zu lassen.
Christine Rice ist eine überzeugende voreilige Dienerin Brangäne, die formvollendet ihre warnenden Rufe vom Rang erklingen lässt. Auch bringt sie sich sehr natürlich im Spiel ein. David Stout ist ein heroischer treuer Kurwenal, klar im Ausdruck und sicher im Gesang und Text. Mark le Broq erfreut dynamisch als Melot und Seemann.
Stephen Barlow vervollkommnet das beglückende Opernerlebnis im Graben. Er führt das Cascoigne Opernorchester, benannt nach dem großen Unterstützer des Festivals Bamber Cascoigne, mit viel Sach- und Fachverstand. Magisch erklingen die ersten Takte, legändar ist deren Wirkung auf die weitere Musikgeschichte. Füllig und mit feinem Tempi steigert sich das Vorspiel vor zum Glück geschlossenem Vorhang. Es bleibt spannend und frisch im Dirigat, wieder beeindrucken die Qualität und Sicherheit aller Instrumente und der Solisten. Nur geringe Unstimmigkeiten sind zwischen Bühne und Orchester zu vernehmen. Isoldes Liebestod gelingt als wahrer Siegesrausch der Leidenschaft.
Der Operabend endet mit großem Applaus der alle Beteiligten feiert. Draußen erwartet ein rotgetränkter Abendhimmel die Besucher, die Letzten packen noch rasch ihr Picknick beseelt von dem Erlebten ein und verlassen den stolzen privaten Landsitz.
Dr. Helmut Pitsch
10. Juni 2023 | Drucken
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