Richard Strauss letzte Oper kehrt matt aufgefrischt nach München zurück

Xl_capriccio_2022_c_w.hoesl__3___1_ © Winfried Hösl

Richard Strauss Capriccio Opernfestspiele München 20.Juli 2022

Richard Strauss letzte Oper kehrt matt aufgefrischt nach München zurück

Richard Strauss nannte seine letzte Oper ein Konversationsstück für Musik und gibt damit bereits viel des Inhaltes preis. Es steckt mehr Philosophie als Handlung in dem Einakter der 1942 am Nationaltheater München uraufgeführt wurde. Stefan Zweig hatte die Idee und lieferte erste Vorlagen zum Libretto. Sein Exil und Tod überließ die Fertigstellung mehreren Autoren. Viele Köche verdarben den Brei und die Oper Capriccio kann mit seinen langatmigen Konversationen über die Oper, deren Entwicklung sowie die Aufführung einer neuen Komposition nicht an Originalität punkten.

Das Stück spielt in Paris zur Zeit des KomponistenChristoph Willibald Gluck und behandelt charmant einen philosophischen Wettbewerb zwischen Musik und Wort, der auch einen Wettbewerb von zwei Protagonisten verinnerlicht, Flamand der Musiker und Olivier der Dichter die um die Gunst der Gräfin Madeleine buhlen. Diese kann und will sich aber nicht entscheiden und ihre persönliche Auseinandersetzung mit ihrer Unentschlossenheit führt zu der großen Schlusszene, die auch wiederum die Thematik des Alterns streift. Der Komponist malt in herrlichsten Farben die Gefühlslagen aus. Musikalisch steht das Werk für einen gereiften Komponisten, der von der Romantik bis zur Moderne prägend war und seinen kompositorischen Erfahrungschatz in barocke Kammermusik packt und in filigraner Transparenz ein Feuerwerk von Harmonie und Melodik entwickelt. Trotzdem erreichte das Werk nicht die Beliebtheit seiner frühen Opern.

Die Neuproduktion der bayerischen Staatsoper ist für das Prinzregententheater in Koproduktion mit der Oper La Monnaie Brüssel und Lyon entstanden.  Der Ungar David Marton lässt die Handlung in der Neuzeit spielen. Christian Friedländer gestaltet die Bühne als Querschnitt eines barocken Opernhauses. Logen, Parkettreihen, Orchestergraben, Unterboden und Bühne werden bespielt. So entsteht ein abwechslungsreicher bunter Ablauf der handlungsarmen Oper. Gleichzeitig können sich die inhaltsreichen hitzigen Diskussionen über den gesamten Raum ausdehnen. Besondere Regieeinfälle bestimmen den Auftritt der jungen grazilen Tänzerin, der einen Alterungsprozess durch drei wechselnde Tänzerinnen bis zur alten Frau vermittelt. Ebenso baut Marton die Rolle des Souffleurs Monsieur Taupe aus, der im geschnürten Regenmantel wie ein Gestapo Mann wirkt und die drei Tänzerinnen wie KZ Häftlinge vermißt und untersucht. Sicher ist diese unpolitische Oper im Rahmen der Entstehungszeit während des NS Regimes zu sehen, diverse Einlagen finden im Libretto keinen Bezug.

Diana Damrau zeigt sich als souveräne Gräfin Madeleine, die adelige Noblesse mit Touch zur Dekadenz in weibliche Raffinesse verpackt. In eleganter Robe und strenger Frisur kostet sie die Avancen der Herren aus. Ihr Sopran zeigt sich in feinsten reinen Tönen und sicherer geschmeidiger Führung. Routiniert gestaltet sie charaktervoll die Rolle mit ihrem schauspielerischen Geschick. Michael Nagy präsentiert ein ebenso gekonntes Rollenbild für ihren gräflichen Bruder. Es ist für alle Sänger und Sängerinnen festzuhalten dass sie auch in den Sprechrollen ausgesprochen überzeugend agieren. Pavol Breslik darf als Verfechter der Musik mit elegischen breiten Melodien mit seinem lyrischen Tenor brillieren. Dazu bietet er mit Vito Priante als Dichter ein gut ausbalanciertes streitbares Duo. Kristinn Sigmundsson poltert als Theaterdirektor La Roche für die traditionellen Werte und gibt sich stimmgewaltig als uneinsichtiger Impresario mit langer grauer Mähne. Tanja Ariane Baumgartner zeichnet die Schauspielerin Clarion als allürenhafte über den Zenit gekommene Grande Dame des Theaters. Stimmlich wirkt es dramatisch trocken leer. Den Haushofmeister kann Christian Oldenburg mit seiner schauspielerischen Präsenz besten in der Inszenierung positionieren. 

Am Pult ist sehr kurzfristig Leo Hussain für den erkrankten Lothar Koenigs eingesprungen. Mit viel Verve, Feingefühl für Strausse Farbenpracht und delikate Dissonanzen führt er das Bayerische Staatsorchester und füllt das Haus mitunter mit vollem Klang. Die Sänger begleitet er gefühlvoll zurückgezogen.

Viel Applaus im ausverkauften Haus

Dr. Helmut Pitsch

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