Romantik pur mit großen Meistern in München

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Johannes Brahms Münchner Philharmoniker Isarphilharmonie München 19.1.2024

Romantik pur mit großen Meistern in München

Bedächtig in kleinen Schritten nähert er sich unter bewegendem Beifall dem Podest. 1936 ist der Zubin Metha, der indische Grand Seigneur der Klassik, geboren. Mit nunmehr 88 Jahren bewältigt er immer noch ein Mammutprogramm wie den aktuellen Konzertzyklus zum Schaffen von Johannes Brahms und den den Münchner Philharmonikern. Am 26.1.2024 erhält er für seine enge Beziehung zur Bayerischen Landeshauptstadt dessen Goldene Ehrenmünze. Von 1998 bis 2006 war er Generalmusikdirektor an der Bayerischen Staatsoper, seit 2004 Ehrendirigent der Münchner Philharmonikern.Yefim Bronfan zählt seit Jahren zu den Ausnahmepianisten, besonders wird seine farbenreiche Anschlagtechnik und emotionalsgeladene Interpretation hervorgehoben.

Das zweite Klavierkonzert B Dur von Johannes Brahms wird als gelungene Zusammenführung von klassischer und romantischer Kompositionslehre empfunden. Ebenso ist es durch die Integration des Soloinstrumentes durchaus als „Symphonie mit obligatem Klavier“ einzustufen, wie der gefürchtete Kulturkritiker und Brahms Anhänger Eduard Hanslick es anlässlich der Uraufführung 1881 in Budapest titulierte. Auch die Viersätzigkeit spricht dafür. Bronfman gibt jedem Satz eine wohldosierte individuelle Prägung. Zu Beginn eine klare, technisch transparente fließende Feingliedrigkeit mit tragender Feierlichkeit, im Scherzo tänzerische Leichtigkeit. Stimmungsvoll melancholisch im Zusammenspiel mit dem Solicellisten wird der dritte Satz zum großen Gefühlsepos. Munter entladet sich der emotionale Stau im Finale. Zubin Metha führt geschickt das Orchester mit schmechelnder nahezu kammermusikalischer Transparenz dem kräftigen Klang des Pianisten zu. Die beiden Klangkörper verschmelzen unaufdringlich und erarbeiten so eine besondere Spannung. Für den herzlichen lautstarken Beifall bedankt sich Bronfman mit einer wunderbar fliessenden verträumten Zugabe und versetzt das Publikum in eine transzendentale Meditation.

Wieder auswendig dirigiert Zubin Metha nach der Pause die zweite Symphonie D Dur von Johannes Brahms, oft auch als dessen Pastorale bezeichnet. Daraus lässt sich seine Verbundenheit zur Klassik und insbesondere seinem Vorbild Ludwig van Beethoven erkennen, dessen großen Schatten er lange belastend spürte. So begann er erst spät Symphonien zu schaffen. Mit seiner ersten blieb er noch der Klassik mit der polyphonen Chromatik verhaftet. Mit der zweiten löst er sich und kam in der Romantik an. Die Motive werden gefühlsgeladen, melodienreich, die Orchestrierung breiter mit vielen Soli variantenreich. Melancholie ist weiter in der Grundstimmung, aber die Verarbeitung der Themen ironisch heiter mit einem Schuss Lyrik. Mit großen Gesten entlockt Metha dem herrlich aufspielenden Philharmonikern viele Details und arbeitet klar die jeweiligen melodieführenden Instrumentalisten heraus. Schmachtend kostet er Steigerungen aus, bleibt zurückhaltend in den Fortissimi und lässt die unverkennbaren Naturstimmungen leicht fliessen. Im Tempo sucht er die passenden Wechsel, um keine Spannung zu verlieren.

Ein großer Konzertabend mit großen Meistern wird vom Publikum stehend gefeiert.

Dr. Helmut Pitsch

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