Copyright Amati Bacciardi
Eine weißblaue dreistöckige Hochzeitstorte füllt die kleine Bühne des eleganten Teatro Rossini in Pesaro aus. Munteres Treiben bestimmt die Vorbereitungen der Hochzeit des Kalifen mit der jungen Sklavin Adina. Nach langem Werben hat sie das ehrenhafte Begehren des alten Kalifen angenommen, schlägt doch ihr Herz immer noch für den totgeglaubten Geliebten Selim. Dieser taucht unerwartet am Vorabend der Hochzeit im Serail auf. Die Liebe blüht wieder auf und die gemeinsame Flucht wird rasch beschlossen. Dieser Plan wird vom treuen Diener Ali dem Kalifen verraten. Aufgebracht und vor Eifersucht brennend beschließt dieser die untreue Geliebte und den Nebenbuhler auf der Flucht zu ergreifen und zum Tode zu verurteilen. Erst als die flehende Adina vor Grauen in Ohnmacht fällt, erkennt der Kalif an Hand eines Medaillons, dass Adina das Kind seiner Liebe zu Zora ist, welche während seiner Gefangenschaft in jungen Jahren verstorben ist. Überglücklich findet nun die Hochzeit zwischen Adina und Selim statt. Eine typische Operngeschichte, die viel Raum für eine spritzig witzige Oper voller Arien und Duetten gibt. Adina gehört zu den zahlreichen Einaktern Rossinis, die beim gemeinen Volk sehr begehrt waren und von ihm am laufenden Band komponiert wurden. Melodienreich und mit flotten Rhythmen verpackt er gekonnt die Handlung in eine 90 Minuten dauernde Oper, eine ausgefeilte Ouvertüre inklusive.
Rosetta Cucchi, wie Rossini in Pesaro geboren, hat dazu eine unterhaltsame, intelligent durchdachte schwungvolle Regie gestaltet. Das wirkungsvolle raumgreifende Bühnenbild von Tiziano Santi und die phantasievollen Kostüme von Claudia Pernigotti fügen sich harmonisch ein. Die Bilder reihen sich ohne Unterbrechung aneinander. Der Kalif herrscht im Erdgeschiss der Torte, das Serail Adinas liegt im zweiten Stock. Rasch wird der Weg dazwischen mit Treppen, Wendeltreppen und Leitern zurückgelegt. Geschickt beschäftigt Rosetta Cucchi Chor und ein paar Statisten und haucht dem dekadenten Hofstaat frisches Leben ein. So darf der Diener Ali seine Transvestiten Neigung ausleben - effektvoll und fein von Matteo Macchioni gesungen. Vito Priante verleiht dem Kalifen mit seinem kräftigen klar intonierenden Bariton Würde und Gefühl. Lisette Oropesa hat einen tiefsitzenden dunkel gefärbten Sopran und ist für die Rolle der jungen Adina gewöhnungsbedürftig. Aber die Klarheit und Frische der Stimme, die sichere und leichte Höhe überzeugen. Levy Sekgapane wirkt belegt und nervös. Langsam singt er sich freu und liefert mit seiner vollmundigen lyrischen Tenorstimme berührenden Gesang als Selim. Diego Matheuz findet am Pult die richtige Mischung aus lockerer kammermusikalischer Begleitung und großen Orchesterspiel. Wieder einmal überzeugt das Rossini Festival in Pesaro mit einer vollbefriedigenden Inszenierung und künstlerischen Umsetzung eines Werk seines bedeutendsten Sohnes.
Helmut Pitsch
14. August 2018 | Drucken
Kommentare