Salome in Schwarz Weisser Tragödie im Stil der wilden 20iger Jahre in der Staatsoper unter den Linden

Xl_img_1194 © Monika Rittershaus
Wieder einmal begleitete ein Skandal die öffentliche Aufmerksamkeit um eine Neuinszenierung von Richard Strauss medienträchtiges Werk Salome. Die Geschichte birgt viel Zündstoff, dazu eine expressive gefühlsbetonte Musik, immer wieder kam es so in der Aufführungsgeschichte zu aussergewöhnlichen Ereignissen wie Aufführungsverboten oder Künstlerstreiks. Diesmal legte der Dirigent Christoph von Dohnanyi den Stab nieder. Auslöser soll die phallusartige Gefängniszelle des Propheten Jochanaan gewesen sein. Sein Assistent, der junge Dirigent Thomas Guggeis bekam so die grosse Chance und übernahm die musikalische Leitung. Wagemut, Können und Selbstbewusstsein verhalfen ihm zu einer beeindruckenden Präsentation seines Talentes. Klar und energisch führte er den Stab und stellte das Orchester gleichberechtigt neben die Sänger ohne in falschen Wettbewerb zu treten. Wohltuend ist die Welle der expressiven Entladungen, präzise die Formulierung der Leitmotive, die auch diese Oper prägen. Streicher und Hörner nutzen ihre Stimmführung. So kommt vieles aus dem Graben und gibt der schwarz weißen Bühnenwelt die notwendigen Farben. Hans Neuenfels Inszenierung erinnert an elegante Kabaretts der Berliner 20iger Jahre oder an Bob Wilsons legendäre Dreigroschenoper am nahegelegenen Berliner Ensemble. Herodias thront blond gelockt im glitzernden Pailletenkleid, Herodes im dunklen Anzug und Salome erscheint androgyn im einteiligen schwarzen Hosenanzug mit männlicher Kurzhaarfrisur und die fünf Juden im bodenlangen schwarzen Samtfrack. Das Objekt des Streites, Jochanaans Kerker mutet eher wie eine schlechte Rakete, die wie ein Fremdkörper mal über der Bühne schwebt oder auf ihr herumgeschoben wird. Kabaretthaft ist auch die Idee Oscar Wilde als stummen Conferencier auftreten zu lassen, fügt sich aber geschickt ein. Insgesamt ist die Personenführung und Bühnengestaltung das Erlebnis des Abends. Jedes Orchesterspiel wird gestaltet, jeder Rhythmus jede Harmonie zum narrativen Element einer Bewegung! Stark das Schlussbild in dem Salome auf einer Platform voller aufgereihter Köpfe Jochanaans steht und ihren Wahn unter Anleitung Wildes auslebt. Stimmlich ist diese Neuinszenierung insgesamt sehr gut besetzt. Ausrine Stundyte als Salome zeigt Brüche im Lagenwechsel und verfällt in der Tiefe zum Sprechgesang oder akklamiert. Dafür zeigt sie ihre Stärke im Spiel und der Bewegung. Mitreissend Gerhard Siegel als giftiger eher überforderter Monarch. Seine Verzweiflung gegenüber dem Begehren Salomes und seine Hilflosigkeit letztendlich überzeugen. Stimmlich ist die gesamte Gefühlspalette zu hören. Marina Prudenskaya gestaltet an seiner Seite eine stimmlich überzeugende und darstellerisch ansprechende Herodias. Thomas J Mayer sitzt in seiner leicht misslichen Zelle, aber einmal zu Wort dröhnt es ehrfurchtsvoll wenn er seine Stimme erhebt. Voll und satt klingt sein Bassbariton. Auch in seinem Spiel strahlt er Erhabenheit und Pietät in allen Lagen aus. Nikolai Schukoff zeigt als Naraboth lyrischen feinen Gesang mit seinem vollmundigen Tenor. Packend verläuft der Abend an dessen Erfolg jeder beiträgt. Zu recht langer lautstarker Jubel. Helmut Pitsch | Drucken

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