Salzburg Titos Güte auf Abwegen bei Robert Carsen

Xl_la-clemenza-di-tito-2024-c-sf-marco-borrelli-018 © SF/Marco Borelli

Wolfgang Amadeus Mozart La Clemenza di Tito Salzburger Festspiele 3.8.2024

Salzburg Titos Güte auf Abwegen bei Robert Carsen

Wie fast überall greift auch LGBTQ in Salzburg um sich. Nach einem lesbischen weiblichen Helden in Tancredi und lesbischem Ännchen im Freischütz in Bregenz muss nun Kaiser Tito sich mit zwei lesbischen Paaren an seinem Hof umgeben und hier eine Ehefrau finden. Robert Carsen verliert sich in seiner Inszenierung von La Clemenza di Tito von Wolfgang Amadeus Mozart so in Gemeinplätzen, die er wenig konzeptuell ausarbeitet. Die Hosenrollen von Annio und Sesto verwandelt er billig in echte Frauen, somit werden deren Angebeteten Servilia und Vitellia ebenso zu Homosexuellen. Dies nimmt der Handlung jede ehrliche Spannung, da die Liebe Vitellias zum Herrscher Tito und ihr Herrschaftsanspruch unglaubwürdig sind. Carsen rückt die politische Komponente in den Vordergrund und wählt politische Machtzentren als Handlungsorte. Gideon Davey liefert einen nüchtern großen grauen Raum mit Milchglasfenstern und Türen, der sich nur leicht durch Mobiliar, graue Büromöbel und schwarze Bürostühle oder Fauteuils ändert. Die Güte des Herrschers sieht er politisch als nicht überlebbar. So wird Tito am Ende in einer weiteren Revolte, wiederum durch Vitellia angezettelt, wahrlich hingemetzelt. Mit Ausschnitten aus der Erstürmung des Capitols in Washington und Gestaltung der Rolle der Vitellia in Anlehnung an die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni versucht er plattitüdenhaft Aktualität einfließen zu lassen. Auch die Personenregie bleibt flach und die Sänger sind in dieser Übernahme der Produktion der Salzburger  Pfingstfestspiele sich selbst überlassen.

Cecilia Bartoli ist Intendantin der Pfingstfestspiele und auch an diesem Abend als Sesto auf der Bühne. Sie hat diese Hosenrolle oft verkörpert und bleibt in ihrer Gestaltung männlich ungestüm und ihrer Gestik eingefahren, trotz langer Haarpracht, Absätzen und Modeschmuck. Stimmlich perlen die Koloraturen weiterhin, nunmehr dunkler und schwerer. Farblich nuanciert sie wenig, verbleibt in der devoten gefühlsbetonten Stimmung.

Die beste Leistung des Abends erbringt Danlel Behle als Tito. Seine Gestaltung der Rolle ist überzeugend als seriöser ambitionierter Herrscher, der über jede seiner Entscheidungen reflektiert ind einer Vision verfallen ist, für die er am Ende hier gefällt wird. Sein lyrischer Tenor hat an Kraft und Körper gewonnen und füllt die Anforderungen der Partie bestens aus. Edel erklingt seine Stimme mit feiner sauberer Melodieführung, auch in den Rezitativen ist er lebendig.

Alexandra Marcellier ist eine hochdramatische Vitellia, die im Gesang aufgeregt die Spitzentöne überbetont und in der Mittellage farblos bleibt. Melissa Petit gefällt als jugendliche Servilia, die für ihre Geliebte und ihren Bruder/ Schwester kämpft.

Mit hellen und flexiblem Mezzosopran füllt Anna Tetruashvili die eigentlich zweite Hosenrolle des Annio auch nach dem Regiekonzept Carsens weiblich gut aus. Weiters glänzt Ildebrando D‘Arcangelo als präsenter Publio, der trotz der Wirren des Regiekonzeptes die Übersicht behält und ein sonorer Ratgeber, dem Herrscher ergeben, ist.

Im Orchester präferiert Cecilia Bartoli die Zusammenarbeit mit den von ihr gegründeten Les Musicien du Prince - Monaco unter der Leitung von Gianluca Capuano. Er wählt ein moderates Tempo und lässt den Sängern so gut Raum auch im Klangvolumen. Die Orchesterstellen kleidet er mit schwungvollem frischem Klang aus. Die Rezitativbegleitung des Continuo durch Hammerklavier und Cembalo wirkt mitunter unabgestimmt und im Einsatz ungenau.

Das Publikum im fast ausverkauften Haus für Mozart drückt seine Zustimmung in lautem Beifall aus.

Dr. Helmut Pitsch

 

 

 

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